Gotische Kirche, 1209

Fasziniert schaue ich immer wieder aus meinem Büro auf diesen Dom, das imposante Wahrzeichen der Stadt Magdeburg. Ganz gleich, ob hinter ihm die Sonne aufgeht oder dichter Nebel herrscht, ob der Himmel blau ist oder Schneeflocken ihn umtanzen - jede Situation lässt ihn reizvoll erscheinen.

Und was für eine ehrwürdige, aber auch wechselvolle Geschichte verbindet sich mit ihm! Nachdem 1207 sein ottonischer Vorgängerbau abgebrannt war, wurde vor 800 Jahren ein neuer Grundstein gelegt und in 311 Jahren diese erste gotische Kathedrale Deutschlands errichtet. Sichtbarer Ausdruck ihrer Vollendung ist die Kreuzblume auf dem Nordturm von 1520. Seit der Reformation werden hier evangelische Gottesdienste gefeiert. 1945 rissen Bomben die Westfassade auf, zerschlugen Dach und Gewölbe und vernichteten alle Fenster. Erst 1955 konnte er wieder eröffnet werden. Aus den Friedensgebeten, die seit 1983 in ihm stattfanden, gingen dann die "Gebete um gesellschaftliche Erneuerung" hervor, die auch in Magdeburg zum Ausgangspunkt der gewaltlosen Demonstrationen von 1989/90 wurden.

Dieser Bau ist aber nicht nur architektonisch und historisch äußerst anregend, er ist - obwohl mehr als 80 Prozent der Bevölkerung Sachsen-Anhalts keiner Konfession oder Religion angehören - ein lebendiges "Gotteshaus" geblieben. Eine evangelische Gemeinde ist hier zu Hause, ebenso ein evangelischer Bischof. Doch erfreulicherweise können auch wir Katholiken gelegentlich im "evangelischen" Dom Gottesdienste feiern. In wenigen Monaten wollen wir - zusammen mit Prämonstratensern aus dem ganzen deutschen Sprachraum und evangelischen Christen - eine Vesper feiern; Anlass ist der 875. Todestag des heiligen Norbert, des 13. Erzbischofs von Magdeburg. Am 29. April 2007 wurde im Magdeburger Dom von elf Kirchen in Deutschland die Taufe wechselseitig anerkannt. Auf diesem Weg zu einer größeren christlichen Einheit sollte und muss es trotz mancher Irritationen weitergehen. Daran erinnert mich auch der Blick aus meinem Fenster.