Warum das Alster-Duo Martina Heinlein und Sebastian Biederlack das Megaereignis gemeinsam und doch getrennt erleben wird.

Hamburg. In der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft. Und wenn es etwas gibt, das Hockey-Nationalspieler Sebastian Biederlack an seiner Freundin Martina Heinlein nicht mag, dann ist es "ihr ständiges Handygefummel". "Sie gibt da auch ihre Termine ein, und immer, wenn was ansteht, klingelt es", erzählt der 26-Jährige vom Club an der Alster. Der kurz vor dem Diplom stehende Politologiestudent strahlt selbst eine Seelenruhe aus, die wiederum seine Freundin zu schätzen weiß, manchmal aber auch zur Weißglut bringt. Umgekehrt gibt es auch für Biederlack Zeiten der Funkstille, in denen der nachdenkliche Lockenschopf die lästigen Handygeräusche vermisst. Dann nämlich, wenn er und seine Freundin mal wieder über Tage voneinander getrennt unterwegs sind.

Und genau das gehört zu ihrem Beziehungsalltag. Denn "Buddys" Freundin ist ebenfalls Nationalspielerin und für Alster mit dem Krummstock aktiv. "Dass wir uns vier Wochen am Stück nicht sehen, kommt schon mal vor", sagt Biederlack. Derzeit stecken beide mit ihren Auswahlmannschaften mitten in der Olympia-Vorbereitung. Während er noch bis Montag in Barcelona trainiert, nimmt sie bis morgen an einer Teambuilding-Maßnahme in der Schweiz teil.

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Was den beiden in diesen Tagen kurz vor den Spielen allerdings keiner nehmen kann, ist die Vorfreude auf ein Erlebnis, von dem andere Paare nur träumen können: Olympische Spiele im Doppelpack. "Man kann sagen, dass wir gemeinsam und doch irgendwie getrennt dabei sind", meint die 27-jährige Heinlein. Die meiste Zeit wird das Duo mit dem jeweiligen Team verbringen, die Anreise erfolgt separat, auch an eine gemeinsame Unterkunft ist nicht zu denken. Heinlein wird sich diese mit Kristina Reynolds (HTHC) teilen, bei Biederlack entscheidet sich der Zimmergenosse kurzfristig.

Auch wenn für beide in Peking die volle Konzentration auf dem Sport liegen soll, hofft Weltmeister Biederlack mit seiner Martina zumindest mal "in die Mensa gehen oder durchs olympische Dorf spazieren" zu können. "Es ist einfach toll, dort Sportler zu treffen, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt und die dann mit einem Bus fahren", erzählt der Bronzemedaillen-Gewinner von Athen. Martina Heinlein, die für die Spiele die Arbeit an ihrer Diplomarbeit im Bereich Sportsoziologie ein wenig schleifen lässt, feiert dagegen in Peking ihre Olympiapremiere als Aktive, 2004 hatte sie Freund Sebastian in Athen beim Spiel um Platz drei noch als Zuschauerin die Daumen gedrückt.

"Ich freue mich jetzt eigentlich auf alles", sagt die gebürtige Starnbergerin, die neben dem Sport und Studium auch noch in einem Tonstudio arbeitet. Eine Energieleistung, die ihr Freund genauso bewundert wie ihre Feinfühligkeit. Lange Zeit wollte die Bayerin das Thema Olympia gar nicht so recht an sich heranlassen. "Ich wollte mich nicht vorher auf etwas freuen, obwohl ich nicht weiß, ob ich überhaupt dabei bin", sagt die Verteidigerin, die vor fünf Jahren aus Studiengründen nach Hamburg übersiedelte und bald darauf bei einem Alster-Mannschaftsabend auf dem Kiez mit ihrem Sebastian zusammenkam. "Jetzt ist die Olympiateilnahme für mich ein Traum, der in Erfüllung geht."

Der in Altona geborene Biederlack hat dieses Gefühl bereits erlebt, freut sich aber dennoch unheimlich auf Peking. Er ist gespannt auf "die Sportstätten und vor allem, welchen Einfluss die kulturellen Unterschiede auf die Infrastruktur des olympischen Dorfs haben". Eine Aussage, die zum multikulturell interessierten Defensiv-Allrounder passt, der als kampfstarker Arbeiter (sportliches Vorbild: Fußballer Jürgen Kohler) das Spiel im Mittelfeld ordnet. Er könne sich durchaus vorstellen, seine Karriere irgendwann im Ausland fortzusetzen, sagt der 1,76 Meter große Sohn eines Marketingmanagers und einer Lehrerin. Er schätzt die vielen Einblicke in andere Kulturkreise, die er durch seine Hockeyreisen bekam und nimmt dafür den hohen zeitlichen Aufwand für den Sport und alle Entbehrungen gern in Kauf.

Seine Freundin, mit der Biederlack in Eppendorf wohnt, zieht es dagegen eher in die Heimat. Urlaub macht sie am liebsten bei ihren Eltern, "weil mir in Hamburg die Berge fehlen". Eine völlig andere Welt erwartet die 1,70 Meter große Tochter eines Kochs und einer Gastronomin in Peking. Viele Menschen, Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit sowie Probleme bei der Verständigung sind Stichworte, die sie mit China verbindet. Medaille wäre eines, dass nach den Spielen die Liste gerne erweitern könnte. Auf die Unterstützung ihres Freundes kann sie trotz der kleinen, aber eher anspornenden Rivalität zwischen den deutschen Hockey-Damen und Herren bauen "Ich fiebere total mit", verspricht Biederlack. Und sollte es tatsächlich Edelmetall zu vermelden geben, müsste Heinlein nicht einmal zum Handy greifen, weil ihr Sebastian als erster Ansprechpartner in Peking auch persönlich gratulieren könnte.

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