Es gibt sie, diese Momente, in denen Michael Behrmann seinen Beruf verflucht. Immer, wenn er sich aus irgendeinem Ort fern von Hamburg telefonisch...

Hamburg. Es gibt sie, diese Momente, in denen Michael Behrmann seinen Beruf verflucht. Immer, wenn er sich aus irgendeinem Ort fern von Hamburg telefonisch bei Ehefrau Katja meldet und spürt, dass sie seine Unterstützung mit den Kindern Tim (dreieinhalb) und Lina (14 Monate) bräuchte, wünscht sich der Bundestrainer der deutschen Hockeydamen einen Beruf ohne Reisetätigkeit. Häufig sind solche Momente nicht, denn Behrmann hat in diesen Wochen keine Zeit für negative Gedanken. Schließlich ist er auf einer Mission, die für jeden Trainer das höchste Ziel darstellt: Bei den Spielen in Peking will der 41-Jährige die Goldmedaille gewinnen.

Dass er die Trainerlaufbahn einschlagen würde, war für Behrmann schon im Teenager-Alter klar. Der gebürtige Hamburger, der im Alter von sechs Monaten mit seinen Eltern nach München zog und dort aufwuchs, leitete als 16-Jähriger bereits das Training der C-Knaben von Wacker München. Der Verein, sagt Behrmann, sei so etwas wie seine zweite Familie. Da Mutter und Vater beide Vollzeit arbeiteten, verbrachten er und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Mathias die Nachmittage im Klub. "Das war eine wunderschöne Zeit, die ich noch heute vermisse."

Zwar versuchte er sich auch als Spieler der 1. Herren, "doch ich war nie wirklich gut", erinnert sich der Diplom-Sportlehrer. Neben dem Sportstudium verdiente er sich durch das Coachen diverser Auswahlteams Geld, und als 25-Jähriger übernahm er Wackers Herrenteam als Spielertrainer. "Mir macht es unheimlich viel Freude, mit Menschen zu arbeiten und ein Team zu formen", sagt er.

Im Jahr 2000, Behrmann arbeitete nach einer Ausbildung zum Versicherungskaufmann bei der Allianz, kam die Chance, Bundesligatrainer zu werden. Die Damen des Großflottbeker THGC fragten an, und der damals 34-Jährige griff zu. "Ich dachte mir, wenn ich es jetzt nicht mache, mache ich es nie." Von da an ging es rasant vorwärts, und nicht nur, weil er in Flottbek seine Frau kennenlernte, die dort für die Zweiten Damen spielte. 2004 wurde er Trainer der deutschen U 21, und am 6. November 2006 als Nachfolger des heutigen Männer-Bundestrainers Markus Weise zum Cheftrainer der A-Nationalmannschaft berufen.

Die Skepsis, die ihm dort anfänglich entgegenschlug, weil er als unerfahrener Neuling galt, hat Behrmann mit der ihm eigenen Mischung aus akribischer Arbeit und verständnisvollem, freundschaftlichem Umgangston schnell überwunden. "Er ist ein Trainer, dem der Teamgedanke sehr wichtig ist", sagt Nationaltorhüterin Kristina Reynolds vom HTHC. "Ohne ein gutes Team kann man keine Topleistung abrufen", glaubt er.

Wer Behrmann im Training beobachtet, der sieht einen stets besonnenen, ruhigen Mann, der sachlich analysiert und selten laut wird. Die harten Ansprachen überlässt er seinen Kotrainern, wohl wissend, dass er selbst dabei nicht glaubwürdig wirken würde. "Ich empfinde das als eine Schwäche meinerseits, aber es entspricht nicht meinem Charakter, anderen knallhart die Meinung ins Gesicht zu sagen", gibt er zu, "ich bin eben kein autoritärer Typ." Dass ihn alle duzen und "Michi" nennen, unterstreicht diese Aussage.

Dabei ist es genau diese Eigenschaft, die ihm im Damenbereich sehr hilft. "Frauen brauchen eine sanftere Ansprache, dann setzen sie Dinge viel gezielter um als Männer." Behrmann hat versucht, seinem Team Spielkultur zu vermitteln. Taktisch clever mit hoher Ballzirkulation und dem Fokus auf Balleroberung und Ballbesitz, so wünscht er sich seine Mannschaft. Was ihm die Nerven raubt, sind Spielerinnen, die das Gelernte nicht abspeichern, Fehler wiederholen - "und auch die in Deutschland aufkommende Tendenz, sich nicht mehr quälen zu wollen für den Erfolg". Da spricht der Perfektionist, der es dank seiner Beharrlichkeit und seines Fleißes auf die höchste Position im deutschen Damenhockey geschafft hat.

Wohin er in der Zukunft noch will, ob es noch höhere Ziele geben kann im Hockey, darüber macht sich der Krimi-Fan (liest gern Henning Mankell und Donna Leon) derzeit keine Gedanken. Dafür ist die Vorfreude auf Peking viel zu groß, und das will er neben all dem Druck auch genießen. Klar ist nur, dass er nach den Spielen acht Wochen lang nur für die Familie da sein möchte. Dann geht es mit dem Sohn zum Klettern, dann will er wieder seine morgendlichen Joggingrunden drehen, die er derzeit so vermisst. Und quälende Anrufe kann er sich dann auch sparen.


Lesen Sie morgen: Wie der Hamburger Arzt Michael Tank die deutschen Beachvolleyballer in Peking kalt macht.