Sie sah genau hin und beobachtete still. “Eigentlich habe ich mir immer nur gewünscht: nur ein paar Augen sein, durch die Welt gehen, nur die...

Sie sah genau hin und beobachtete still. "Eigentlich habe ich mir immer nur gewünscht: nur ein paar Augen sein, durch die Welt gehen, nur die anderen sehen", schrieb Jeanne Mammen (1890-1976) in einem autobiografischen Text. Sie fand ihre Motive in den schmierigen Kneipen am Berliner Wedding, in den Künstlercafes am Kurfürstendamm, im Lunapark, auf den Rennplätzen und in den Theaterlogen. Mit schnellem Strich brachte sie das Lebensgefühl der 20er-Jahre zu Papier, zeichnete kesse Gören und geschniegelte Konfirmanden, Liebespaare im Gartenlokal, spärlich bekleidete Revuetänzerinnen und ihre korpulenten Bewunderer. Ganz ähnlich wie ihre Künstlerkollegen Otto Dix und George Grosz schuf sie ein facettenreiches Bild vom widersprüchlichen Leben der Weimarer Jahre. 1929 schrieb Kurt Tucholsky in der "Weltbühne": "Die zarten duftigen Aquarelle, die Sie in Magazinen und Witzblättern veröffentlichen, überragen das undisziplinierte Geschmier der meisten Ihrer Zunftkollegen derart, dass man Ihnen eine kleine Liebeserklärung schuldig ist." Unter dem Titel "nur ein paar Augen sein" geben die Kunstsammlungen Böttcherstraße einen umfassenden Einblick in das Werk der Künstlerin. Zu sehen sind aber nicht nur Arbeiten, die in den 20er-Jahren in Berlin entstanden, sondern auch Frühwerke aus Mammens Pariser und Brüsseler Jahren sowie Skizzenbücher, die nie zuvor öffentlich gezeigt worden sind.


Kunstsammlungen Böttcherstraße Bremen Böttcherstraße 6-10, bis 23. November, Di-So 11-18 Uhr