Ein zweites Oktogon im Obergeschoss erlaubt mehr Flexibilität. Ein Gespräch mit Ortrud Westheider, Andreas Hoffmann und Jan Störmer.

Museumswelt:

Das Bucerius Kunst Forum bekommt jetzt zusätzliche Räume. Besteht damit nicht die Gefahr, dass die von den Besuchern so geschätzte Überschaubarkeit des Ausstellungsformats aufgegeben wird?

Ortrud Westheider:

Nein, wir bleiben bei unserem Konzept des konzentrierten Blicks. Das obere Oktogon erweitert unsere Möglichkeiten und bietet mehr Flexibilität für Ausstellungen, deren Format sich nicht grundsätzlich ändern wird.



Museumswelt:

Bisher fand im Erdgeschoss-Oktogon der Hauptteil der Ausstellung statt, während im Untergeschoss noch zusätzliches Material gezeigt wurde, u. a. auch der jeweilige Begleitfilm. Verlagern Sie jetzt diese Dinge ins Obergeschoss?

Westheider:

Es wird ganz vom Thema abhängen, wie wir mit der neuen räumlichen Situation umgehen. Es kann sein, dass wir mit kleineren Formaten nach oben gehen, es ist aber auch denkbar, dass im oberen Oktogon ein anderer thematischer Schwerpunkt gesetzt wird.



Museumswelt:

Im ersten Stock gibt es neben dem Ausstellungs-Oktogon auch das nach seinem Spender benannte Ian-Karan-Auditorium. Wie soll dieser Veranstaltungsraum genutzt werden?

Andreas Hoffmann:

Es war von Anfang an unser Konzept, nicht nur Ausstellungen zu zeigen, sondern ein Forum für alle Künste zu bieten und neben der Bildenden Kunst auch Literatur und Musik einzubinden. Das haben wir bisher immer mit der Oktogonale getan, die jeweils im Herbst zehn Tage lang in einer Ausstellungspause stattfand und sich thematisch an die vorangegangene Schau anschloss.


Neu ist jetzt, dass wir mit dem Ian-Karan-Auditorium einen Kammermusiksaal mit bis zu 120 Plätzen dazugewonnen haben, in dem nun begleitend zu den Ausstellungen Konzerte und Lesungen stattfinden können.


Museumswelt:

Was wird mit der Oktogonale?

Hoffmann:

In der bisherigen Form geben wir sie auf, haben aber dafür im Grunde genommen das ganze Jahr über Oktogonale, nämlich mit den begleitenden Veranstaltungen zu den Ausstellungen.



Museumswelt:

Wie viele Veranstaltungen werden das sein?

Hoffmann:

Deutlich mehr als bisher: drei Konzerte zu jeder Ausstellung, dazu mehrere Literaturabende. Die Beschäftigung mit der Gänsemarktoper wird für uns weiterhin wichtig sein. Es gibt auch in Zukunft Opernaufführungen. Dafür können wir den Kammermusiksaal öffnen, wodurch dann eine Foyer-Situation entsteht.



Museumswelt:

Herr Störmer, als Architekt mussten Sie Ausstellungsbereich und Veranstaltungsbereich kombinieren und das alles in einem denkmalgeschützten Haus. War das schwierig?

Jan Störmer:

Nein, das Haus hat einen enormen Charme und eine eigene Präsenz. Vor allem das Oktogon bildet eine starke Vorgabe, die sich aber sehr gut nutzen ließ.



Museumswelt:

Worin liegen aus Ihrer Sicht die Vorteile des Umbaus?

Störmer:

Das Bucerius Kunst Forum hatte bisher eine funktionierende, in sich abgestimmte Situation. Aber in den fünf Jahren zeigte sich, dass es immer wieder große räumliche Engpässe gab. Die Eingangssituation war sehr eng, auch der untere Ausstellungsbereich mit seiner Nähe zu den Videoprojektionen und zum Cafe erwies sich als nicht ideal.


Jetzt können wir das alles entzerren und ein großzügigeres Ambiente schaffen. Schön an dem Obergeschoss ist nicht nur die neue Verbindung von Ausstellungs- und Veranstaltungsflächen, sondern auch die Tatsache, dass hier mit der Fensterfront der Standort zum Tragen kommt. Der Blick ist einfach fantastisch.


Museumswelt:

Am unteren Oktogon besticht vor allem die Wandlungsfähigkeit des Raums. Das wird oben sicher so nicht möglich sein.

Westheider:

Oh, doch. Wir werden auch oben mobile Wände stellen können, mit derselben Technik, die wir auch unten einsetzen.



Museumswelt:

Was wird sonst noch neu sein?

Hoffmann:

Zum Beispiel ein eigener Bereich für den Kinder-Kunst-Klub, für den wir die frühere Ausstellungsfläche im Untergeschoss nutzen. Damit können wir die Bedingungen für die praktische museumspädagogische Arbeit deutlich verbessern.



Museumswelt:

Wann können die Hamburger Museumsbesucher das erweiterte Bucerius Kunst Forum in Besitz nehmen?

Hoffmann:

Das können sie mit unserer nächsten Ausstellung "Sturz in die Welt. Die Kunst des Manierismus in Europa", die wir am Sonnabend, dem 15. November eröffnen werden.