Die Tiefseeforschung ist nur eines von vielen Themen im Internationalen Maritimen Museum, aber eines der spannendsten.

Was geschieht tief unter der Wasseroberfläche? Welche Lebewesen bevölkern die Ozeane? Auf diese und viele ähnliche Fragen gibt Deck 7 des Internationalen Maritimen Museums Hamburg mit einer Fülle von erstaunlichen Exponaten und Objekten Auskunft. Die Ausstellung ist so konzipiert, dass selbst interessierte Laien komplizierte Sachverhalte verstehen können. Dass Deck 7 zudem dem kritischen Blick von Fachleuten standhält, ist einerseits dem Geschick des Ausstellungsgestalters Holger von Neuhoff zu verdanken, andererseits aber auch der Tatsache, dass er von Anfang an - um im maritimen Bild zu bleiben - renommierte Wissenschaftler mit ins Boot geholt hat. "Wir arbeiten mit Forschungseinrichtungen wie dem Alfred-Wegner-Institut für Polar- und Meeresforschung, dem MARUM - Zentrum für Marine- und Umweltwissenschaften der Universität Bremen, dem Leibniz-Institut für Ostsee-Forschung Warnemünde, dem KlimaCampus der Universität Hamburg und dem Kieler Exzellenzcluster `Ozean der Zukunft` zusammen, an dem sich 140 Wissenschaftler aus 26 Instituten beteiligen", erklärt von Neuhoff, dem es gelungen ist, aktuelle Forschungsergebnisse plausibel zu erklären und zugleich sinnlich erlebbar zu machen.

Professor Gerhard Bohrmann von der Uni Bremen, der zu den renommiertesten Meeresforschern gehört und einer großen Öffentlichkeit zudem aus dem Roman "Der Schwarm" von Frank Schätzing bekannt ist, lobt die Zusammenarbeit mit dem Museum, die er als sehr gut und sensibel bezeichnet. "Normalerweise sind die Ausstellungsmacher immer an schnellen Lösungen interessiert, Herr von Neuhoff hat sich jedoch sehr viel Zeit dafür genommen, mit uns Wissenschaftlern zu diskutieren. Die Planungsphase war sehr intensiv und lang, und wenn sich Dinge nicht in der ursprünglich vorgesehenen Weise realisiert werden konnten, hat er immer mit uns Rücksprache gehalten, sodass wir gemeinsam nach neuen Lösungen suchen konnten."

Eines der spannendsten Themen auf Deck 7 ist die Erforschung der Tiefsee mit Hilfe von Tauchrobotern - das Spezialgebiet von Prof. Bohrmann. Zu sehen ist zum Beispiel der Tauchroboter "Cherokee", der bis zu Wassertiefen von 1000 Metern eingesetzt wird. Doch Bohrmann schwärmt von einem anderen Aggregat, dem Tauchroboter "MARUM-QUEST" der Universität Bremen, der in den letzten vier Jahren das einzige deutsche Gerät war, mit dem man in die Tiefsee tauchen konnte. Wie ein solcher Roboter arbeitet, können die Besucher an einem nachempfunden Fahrstand sehen, der dem auf Expeditionen eingesetzten Kontrollcontainer nachempfunden ist. "Bei einem Roboter befinden sich die Piloten ja nicht im Tauchboot selbst, zwei Piloten und zwei Wissenschaftler sitzen vielmehr in einem Container an Deck des Forschungsschiffs, erklärt Bohrmann.

Die Arbeit mit dem Roboter, der bis in 4000 Meter Tiefe tauchen kann, vergleicht der Forscher mit der Erkundung eines Raumfahrzeugs auf einem anderen Planeten. "Damit gelingen uns erstaunliche Beobachtungen, zum Beispiel die Asphaltvulkane im Golf von Mexiko, die überhaupt erst 2003 entdeckt worden sind. Das sind Krater am Meeresboden in 3300 Metern Wassertiefe, die einen Krater Caldera haben wie bei einem Vulkan. Aus dem Zentrum des Kraters Caldera tritt Asphalt aus, der den Meeresboden völlig überdeckt. Das ist im Museum wunderbar dargestellt, mit einer Art 'Asphaltstraße' und originalem Videomaterial.", sagt Prof. Bohrmann, der nun von chemosynthetischen Organismen berichtet, die nicht vom Sonnenlicht abhängig sind. "In vielen der Videosequenzen, die auf Deck 7 zu sehen sind, wird gezeigt, dass es in der Tiefsee eine völlig andere Art des Lebens gibt, nämlich Organismen, die mit Bakterien in Symbiose leben und nicht auf der Basis von Photosynthese funktionieren wie alles Leben, das auf der Erde stattfindet. Diese Organismen nutzen vielmehr die Substanzen, die dem Meeresboden entweichen: Gase, gelöste und reduzierte Substanzen, die die Bakterien verarbeiten können."

In einem anderen Bereich auf Deck 7 kommt Prof. Bohrmann selbst zu Wort, und zwar in Dialog mit Frank Schätzing, jenem Bestseller-Autor, den der Wissenschaftler bei dessen Recherche zu dem Öko-Thriller "Der Schwarm" beraten hat. Eingebettet in eine spannende Handlung schildert Schätzung, wie sich merkwürdig Würmer ins Methanhydrat des Meeresbodens fressen und die Menschheit bedrohen - eine Reaktion der Natur auf die Umwelt zerstörende Zivilisation. "Ich habe damals lange mit Herrn Schätzing gesprochen, der schon zuvor sehr genau recherchiert hatte, dann aber zusätzlich noch viele Motive aus unserem Forschungsalltag kennen lernte, die er in seinen Roman mit aufgenommen hat", sagte Bohrmann. In einer Hörstation im Museum sind Teile aus dem "Schwarm" zu hören - und zusätzlich die Erläuterungen von Prof. Bohrmann: "Ich erkläre, wo die wahren Motive liegen und wo die Fiktion einsetzt - ein wirklich spannendes Thema."