Klobige “Knochen“ und kostbare Designerstücke: Das Handy ist längst reif fürs Museum

Das Mobiltelefon, neudeutsch Handy genannt, ist ein Gebrauchsgegenstand, der sich aus unserem Alltag nicht mehr wegdenken lässt. Dass ein Handy aber auch purer Luxus sein kann, beweist das Vertu Signature Gold: Das exklusive Gerät besteht aus 18-Karätigem Gelbgold, die Tasten sind auf einzelnen Rubinen gelagert - kostbarer geht's wirklich kaum. Exklusiv sind aber nicht nur Material und Design, sondern auch die Funktionen. So gibt es an dem Modell der auf hochpreisige Geräte spezialisierten Firma Vertu eine "Concierge"-Taste, mit der sich eine direkte Verbindung zu einem Expertenteam herstellen lässt, das in jeder Lebenslage behilflich ist - sozusagen ein Callcenter für Reiche.

Seit dem 15. August zeigt das Museum für Kommunikation ein Vertu Signature Gold in seiner Ausstellung, in der es auch um die noch junge Geschichte des mobilen Telefonierens geht. Kaum zu glauben, wie sich innerhalb von wenigen Jahrzehnten die Geräte, aber auch die Möglichkeiten und die Kosten verändert haben. Mobile Telefone gibt es schon seit den späten 50er-Jahren, nur waren sie zunächst noch sehr schwer und sehr teuer. Immerhin 16 Kilogramm brachte das Autotelefon auf die Waage, das 1958 in Deutschland eingeführt wurde. Zwar konnte man damals über das A-Netz telefonieren, aber nicht einfach andere Teilnehmer anwählen. Der Anruf ging stets an die Post, wo das "Fräulein vom Amt" dann die gewünschten Verbindungen herstellte. Ähnlich aufwendig war das mobile Telefonieren in den 70er-Jahren, damals gab es in der Bundesrepublik nur etwa 11 000 Teilnehmer - kein Wunder, denn ein Mobiltelefon kostete stolze 15 000 D-Mark. Der eigentliche Start ins Handy-Zeitalter begann 1983, als der amerikanische Hersteller Motorola das erste Gerät auf den Markt brachte, das so dimensioniert war, dass man es ohne Probleme mit sich führen konnte. Dieses erste Exemplar war noch nicht wirklich handlich und wurde - freilich nicht vom Hersteller, sondern von den Nutzern - durchaus zutreffend "Knochen" genannt. Von nun an kamen Geräte auf den Markt, die leichter und günstiger wurden, und auch die sinkenden Gesprächskosten führten dazu, dass sich eine immer größere Zahl von Menschen zum Kauf eines Mobiltelefons entschloss. Nicht immer waren dafür praktische Gesichtspunkte ausschlaggebend, denn zunächst galt das Handy vor allem als Statussymbol. Wer mit dem Handy telefonierte, war wichtig - oder wollte dafür gehalten werden. Daher gab es sogar einen Markt für täuschend echt aussehende Fälschungen, die jene kauften, denen das Original zu teuer war, die aber trotzdem mit einem Handy angeben wollten.

Aus heutiger Sicht teuer war das mobile Telefonieren bis in die 90er-Jahre hinein - sowohl was die Geräte als auch die Gesprächspreise betraf. So erfand die deutsche Bundespost 1989 für ein 700 Gramm schweres Gerät mit der Typenbezeichnung Pocky den Werbeslogan: "Pocky ist preisgünstig: 6498 DM". Doch je mehr Geräte in Umlauf kamen, je mehr Verträge abgeschlossen wurden, desto mehr Konkurrenz entstand, was zu fallenden Preisen führte. Heute besitzen 82 Millionen Bundesbürger insgesamt etwa 100 Millionen Mobiltelefon-Anschlüsse. In seiner Ausstellung zeichnet das Museum für Kommunikation aber nicht nur die technische Entwicklung nach, sondern geht auch darauf ein, wie das Handy das Kommunikationsverhalten verändert hat. Was bedeutet es, nahezu immer erreichbar zu sein? Ist das ein Zuwachs an Freiheit oder an Kontrolle? Auf jeden Fall hat sich die Gesprächskultur verändert. Wer heute telefoniert, teilt oft einleitend mit, wo er sich gerade aufhält: "Ich sitze gerade in der S-Bahn Richtung Hauptbahnhof" oder "Ich stecke gerade im Stau.".

Allerdings bereitet das Handy mit seinen enormen Möglichkeiten manchen älteren Menschen Probleme. Welche Funktionen sind für mich sinnvoll? Was muss ich beherrschen, was ist verzichtbar? Antworten auf diese und viele weitere Fragen geben die "Handykurse für Menschen mit Lebenserfahrung", die das Museum für Kommunikation regelmäßig anbietet.

Von einem Problem, das die kabellosen Geräte ihren Benutzern regelmäßig bereiten, sind selbst die Besitzer des Vertu Signaturen Gold betroffen: Wer es verlegt hat, muss es suchen, da hilft auch keine "Concierge"-Taste.


Museum für Kommunikation Gorch-Fock-Wall 1, Di-Fr 9-17, Sa/So 10-18 Uhr; Infos unter www.museumsstiftung.de