Erst wurden sie wissenschaftlich aufgearbeitet, jetzt sind die italienischen Zeichnungen in einer Ausstellung zu sehen.

Vor mehr als 50 Jahren konnten sich die Hamburger zuletzt Einblick in einen der schönsten Schätze der Kunsthalle verschaffen: in den Bestand der italienischen Zeichnungen. Seither ist viel Zeit verstrichen. Zeit auch für das von der "ZEIT"-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius finanzierte Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der Zeichnungen des Kupferstichkabinetts. Nach den deutschen Zeichnungen im Jahr 2006 warten jetzt die italienischen Zeichnungen auf ihre öffentliche Präsentation. Ausgestellt werden 120 ausgesuchte Blätter von Leonardo bis Piranesi aus den Jahren 1450 bis 1800.

Dr. David Klemm, Kurator der Ausstellung, schwärmt von den italienischen Zeichnungen der Kunsthalle. Zwar nimmt sich im Vergleich etwa zum Berliner Bestand von weit über 10 000 Blättern ihre Anzahl von 1 070 Zeichnungen gering aus, , deren Qualität kann sich aber weltweit sehen lassen. Zu verdanken ist dies vor allem dem Kunsthändler Georg Ernst Harzen, der der Kunsthalle 1863 seine immense Sammlung vermachte. Mit dem dreibändigen Bestandskatalog will die Kunsthalle Maßstäbe setzen. In ihrer Ausführlichkeit gibt es keine vergleichbare Publikation zu einer Sammlung italienischer Zeichnungen in einem anderen deutschen Museum. Außerdem erscheint ein Publikumskatalog.

Italienische Zeichnungen tragen nur sehr selten die Signatur des Künstlers. Das sorgt für stetige Neuzuschreibungen und Diskussionen in der Fachwelt. Offensiv will man damit in der Kunsthalle umgehen, auch wenn es die eine oder andere schmerzliche Einsicht kosten könnte. Dennoch hält man hier gute "Karten" in der Hand: vier von insgesamt sechs Leonardo-Zeichnungen in Deutschland, hochwertige Blätter von Canaletto und Botticelli, oder die besonders fein und detailliert ausgearbeitete Zeichnung "Die Verleumdung" des Manieristen Federico Zuccari.

Das Forschungsprojekt hat zahlreiche Neuentdeckungen ans Licht gebracht, wie kaum zu erkennende Figurenskizzen auf der Rückseite eines Blattes mit Kopfstudien von Michelangelo. Zumeist besitzt die Kunsthalle von jedem der ca. 250 italienischen Künstler nur ein oder zwei Blätter. Diese aber, betont Klemm, zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus.

Eine besondere Rarität, die weltweit nur ganz wenige Pendants kennt, sind knapp 300 Zeichnungen des von Fachleuten hoch geschätzten Stefano della Bella. Auch andere Unbekannte trumpfen hier auf. Aus den Händen von Jacopo da Basano stammt eine modern anmutende Grablegung. Sie ist - und das ist für italienische Zeichnungen eine Seltenheit - mit farbiger Kreide skizziert. Stolz verweist die Kunsthalle ebenso auf ihr großes Konvolut an Zeichnungen vor 1 500, einer Ära, aus der nur wenige Blätter erhalten sind.

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Köhler und von Giorgio Napolitano, Präsident der italienischen Republik. Sie wird unterstützt durch Averna und das Istituto Italiano di Cultura Hamburg.


Von Leonardo bis Piranesi . Italienische Zeichnungen von 1450 bis 1800, Hamburger Kunsthalle, Hubertus-Wald-Forum, Glockengießerwall, 24.10.08 bis 18.1.09, Di-So 10 bis 18, Do 10-21 Uhr