„Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch.“ Dieser Zusatz soll nach dem Willen der CDU ins Grundgesetz. Während der Kulturrat den Beschluss der CDU begrüßte, kam von den Grünen und der Türkischen Gemeinde in Deutschland scharfe Kritik an dem Plan.

Stuttgart/Berlin/Hamburg. Der Antrag des Landesverbands Saar, Deutsch verbindlich als Sprache der Bundesrepublik im Grundgesetz zu verankern, erhielt heute auf dem CDU-Bundesparteitag in Stuttgart eine Mehrheit. Ein Zusatz mit der entsprechenden Formulierung soll den Verfassungsartikel 22 ergänzen.

Die CDU-Delegierten stellten sich mit ihrem Votum nach einer Intervention des saarländischen Ministerpräsidenten Peter Müller ausdrücklich gegen den Vorschlag von Ronald Pofalla. Der CDU-Generalsekretär hatte angeregt, den Antrag an die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu überweisen.

Der Antrag sei in der Sache unstrittig, betonte Pofalla, es sei aber sinnvoller, ihn an die Fraktionen zu überweisen, um sämtliche Begehren zu einer Verfassungsänderung zu bündeln.

Müller hatte dieser Auffassung widersprochen. Das Bekenntnis zur deutschen Sprache sei in der Verfassung "richtig aufgehoben". Es sei mit anderen Begehren zu einer Verfassungsänderung auch nicht vergleichbar, sagte der CDU-Politiker. Müller bat darauf den Parteitag um Zustimmung zu seinem Antrag, "um damit ein klares Zeichen für die deutsche Sprache zu setzen".

Der Bundesvorsitzende der Grünen, Cem Özdemir, kritisierte den Beschluss einem Bericht in der "Frankfurter Rundschau" zufolge als "fragwürdige Bekenntnisrhetorik". Wenn es um die wirklich wichtigen Fragen ginge, wie die Finanz- und Wirtschaftskrise, "eiern sie nur verdruckst herum und finden keine klare Linie". Die CDU habe auch keine schlüssigen Antworten auf die deutsche Bildungsmisere.

Auch FDP-Chef Guido Westerwelle hat die Forderung des CDU-Parteitags, ein Bekenntnis zur deutschen Sprache im Grundgesetz zu verankern, abgelehnt. Dem Hamburger Abendblatt sagte er: "Viel wichtiger als Deutsch im Grundgesetz ist Deutsch an den Schulen."

Ebenso äußerte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, Unverständnis: "Es ist schwierig nachzuvollziehen, warum auf einmal die Notwendigkeit gesehen wird, die deutsche Sprache ins Grundgesetz aufzunehmen." Deutsch sei schon die Amtssprache der Bundesrepublik, und das werde von niemandem in Zweifel gezogen. Auch sei das bereits im Verwaltungsverfahrensgesetz, der Abgabenordnung und im Sozialgesetzbuch festgeschrieben.

Kolat erklärte: "Worin besteht eigentlich der Handlungsbedarf? Das alles lässt nichts Gutes ahnen. Erneut bedienen einige Politiker in der CDU vorhandene Ängste und Klischees gegenüber Migrantinnen und Migranten." Die Formulierung lasse befürchten, "dass andere Sprachen als die deutsche Sprache verboten werden könnten, was in einigen Schulen in der Bundesrepublik bereits beschlossen wurde". Die Türkische Gemeinde verstehe dieses Vorhaben als "Assimilierungsdruck". Dies sei mit demokratischen Gepflogenheiten nicht vereinbar.

Die Union wäre nach seinen Worten besser beraten, den während der Verfassungsreform 1991/1992 im Bundestag von ihr abgelehnten Vorschlag zur Ergänzung des Artikels zwei in ihr Programm aufzunehmen: "Der Staat achtet die Identität der kulturellen und sprachlichen Minderheiten." Dies wäre ein wichtiger Beitrag zur Integration, meinte Kolat.

Vom Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, wurde der Beschluss dagegen begrüßt. Er sprach von einem Sinneswandel in der CDU. Bislang sei die Aufnahme neuer Staatsziele in das Grundgesetz von der Union immer mit dem Argument blockiert worden, dass das Grundgesetz nicht überfrachtet werden dürfe. Jetzt habe die Union selbst die Initiative für ein neues Staatsziel ergriffen. Dann sei auch die Aufnahme von Kultur als Staatsziel möglich.