Der Streit um ein länger gezahltes Arbeitslosengeld und die Agenda 2010 wird das Treffen bestimmen. Auch die Wahl eines Präsidiums steht in Hamburg an.

Hamburg. Es klingt fast wie ein frommer Wunsch: Der frühere SPD-Chef Matthias Platzeck hofft, dass von dem Hamburger Parteitag der SPD "ein Signal der Geschlossenheit" ausgeht. Tatsächlich aber hat die SPD jüngst alles andere als einen geeinten Eindruck gemacht. Der Streit um eine verlängerte Zahlung des Arbeitslosengeldes I an Ältere zwischen Parteichef Kurt Beck und Vizekanzler Franz Müntefering überschattete alles - sogar die Debatte um die Bahnreform.

Heute Vormittag nun eröffnet der Hamburger SPD-Spitzenkandidat Michael Naumann den bisher größten Parteitag der SPD-Geschichte. Altkanzler Gerhard Schröder und der Vorsitzende Beck wollen in ihren jeweiligen Reden die Union hart angreifen - einen Vorgeschmack davon konnte man bereits in den vergangenen Tagen bekommen, als sich die Attacken auf den Koalitionspartner und Kanzlerin Angela Merkel häuften.

Beck wird noch einmal den Streitpunkt ALG I in seiner Ansprache thematisieren. Gestern noch beteuerte er, dass die SPD auf dem Parteitag "weder einen Links- noch einen Rechtsruck" vollziehen werde. Die Partei wolle auch künftig auf der "gesamten Breite des Spielfelds" agieren, sagte er. Von einem "Dammbruch" könne wegen der ALG-Änderung keine Rede sein, bestätigte er der "Rheinischen Post".

Anders als von Beck am Montag angekündigt, hatte sich Müntefering aber am Mittwoch doch noch einmal zu dem Thema zu Wort gemeldet. Heute Abend soll über die "Reformen für ein soziales Deutschland" und damit auch über die ALG-I-Änderung abgestimmt werden. Bislang ist nicht vorgesehen, dass der Arbeitsminister in der Aussprache noch einmal das Wort ergreift - aber sicher ist das nicht.

Einende Worte fanden indes andere: Vertreter der Parlamentarischen Linken und des Seeheimer Kreises haben gestern in der "Süddeutschen Zeitung" die SPD aufgerufen, sich "als moderne linke Gestaltungspartei an die Spitze nachhaltiger Reformen zu stellen". Die Agenda 2010 sei ein "schmerzlicher Zwischenschritt" gewesen, der den "Selbstbetrug" beendet habe, "wir lebten noch in gesicherten Verhältnissen". Die Verfasser betonten, vieles deute darauf hin, "dass mit dem Klimawandel, den Verteilungskonflikten um knappe Ressourcen und der Industrialisierung großer, bevölkerungsreicher Erdregionen ein neuer Sturm" aufziehe, der weitere Reformen unabdingbar mache.

Seiner Bestätigung als Parteichef heute Nachmittag kann Beck gelassen entgegensehen. Auch zwei seiner drei Stellvertreter dürften gute Ergebnisse erhalten: Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die SPD-Linke Andrea Nahles. Finanzminister Peer Steinbrück dagegen könnte von den Parteilinken, die die Mehrheit der Delegierten stellen, für sein Festhalten an der Agenda 2010 abgestraft werden.