Hamburg. "Alles bewegt sich", hat der Philosoph Michel de Montaigne im 16. Jahrhundert angesichts der dramatischen Umwälzungen seinerzeit konstatiert. Kein schlechtes Zitat für Außenminister Frank-Walter Steinmeier, um eine Grundsatzrede über die Herausforderungen der deutschen Außenpolitik einzuleiten. "Parallelen drängen sich auf", meinte Steinmeier mit Blick auf die rasante Veränderung unserer Zeit, "Die Welt befindet sich in einem tief greifenden Wandel und wird in zehn Jahren komplett anders aussehen als heute."

Der deutsche Außenminister sprach am Vortag des SPD-Parteitags im Hamburger Congress Center vor rund 600 internationalen Experten auf dem außenpolitischen Kongress "Kompass 2020" der Friedrich-Ebert-Stiftung. Zu seinem Vortrag waren auch SPD-Größen wie Anke Fuchs, Peter Struck und Parteichef Kurt Beck erschienen.

"Die Chancen dieses Wandels liegen auf der Hand", sagte Steinmeier und erwähnte Informationstechnologien und neue Energien, "aber auch die Risiken, die sich als Begleiterscheinungen einstellen: Klimawandel, Verteilungskämpfe." Wer nach dem Ende des Kalten Krieges vorschnell auf einen ewigen Frieden gehofft habe, sehe sich nun getäuscht.

Doch dies sei nicht die Zeit, den Kopf in den Sand zu stecken. "Dies ist eine Zeit für mutige Gestaltung." Deutsche Außenpolitik wolle zielgerichtet dazu beitragen, Spannungen abzubauen. "Wenn das die Grundphilosophie unserer Außenpolitik ist, dann sind wir gut aufgestellt", sagte er und skizzierte Herausforderungen in sechs Problemfeldern.

Erstens seien dies regionale Konflikte, Beispiele Nahost und Afghanistan. Vorrang habe ein ziviler Ansatz vor dem militärischen. Zweitens solle das Gewicht Europas in der Welt deutlich gestärkt werden. Drittens gelte es, das Verhältnis zu den USA zu pflegen. "Ich plädiere für eine neue transatlantische Agenda mit neuen Themen wie der Umweltpolitik", sagte Steinmeier.

Der vierte Komplex umfasse Energieversorgungssicherheit und Klimaschutz. Letzterer müsse zu einem "Element vorausschauender Außenpolitik" werden. Fünftens gehe es um die Abrüstungspolitik. Bewährte Abkommen wie der KSE-Vertrag über konventionelle Rüstung dürften nicht aufgegeben werden. Und schließlich die auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, wo es gelte, "die Herzen und Köpfe der Menschen zu gewinnen".

SPD-Chef Kurt Beck, der nach Steinmeier sprach, konstatierte, dass die Herausforderungen nur in einem ökologischen, ökonomischen und sozialen Miteinander der Staaten zu meistern seien. Dabei gelte es, die deutsche Verantwortung zu definieren. "Wir wollen Hilfe leisten, wo sie gebraucht wird", sagte Beck, notfalls auch militärisch - sofern es ein Mandat der Uno gebe.