Aufbruch: Nach dem Wahlsieg in Rheinland-Pfalz tritt Kurt Beck als SPD-Chef an. Kurt Beck, das letzte politische Schwergewicht der SPD im Westen: Nun soll der gelernte Elektromechaniker die Partei in die Zukunft führen.

Mainz. Eigentlich ist Kurt Beck keiner, den es aus der Heimat fortzieht. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident geht Mitarbeitern zufolge lieber auf den Dürkheimer Wurstmarkt als auf einen Stehempfang am Potsdamer Platz. Doch das darf nun keine Rolle mehr spielen: Nach seinem gloriosen Wahlsieg in seinem Heimatland, wo er nun eine SPD-Alleinregierung anführt, und dem Rücktritt des SPD-Vorsitzenden Matthias Platzeck wurde es unumgänglich, daß jetzt der 57 Jahre alte Südpfälzer an die Bundesspitze der SPD tritt.

Zum einen konnte Beck in der jüngsten Vergangenheit den Wahlniederlagen seiner Partei Siege entgegensetzen. Zum anderen ist er aber auch von seinem Werdegang her die Idealversion eines führenden SPD-Politikers: Der Sohn eines Maurers lernte den Beruf des Elektromechanikers, wurde Personalrat, ÖTV-Mitglied und kam über die Gewerkschaftsarbeit in die Politik - was seine gemäßigte Linie beim Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes erklärt.

Seit 1972 SPD-Mitglied kam Beck 1979 in den Landtag, wo er sich zunächst als Sozialpolitiker profilierte. Mit der Regierungsübernahme durch die sozial-liberale Koalition in Mainz wurde Beck Fraktionschef. Als Ministerpräsident Rudolf Scharping in die Bundespolitik wechselte, wurde der bullige Südpfälzer 1994 sein Nachfolger. Über die Jahre mauserte er sich zu einem sehr populären Regierungschef, der im einstigen CDU-Stammland Rheinland-Pfalz die Christdemokraten bereits zum dritten Mal in die Knie zwang. Inzwischen ist er der letzte sozialdemokratische Landesfürst in einem westdeutschen Flächenland. Im November 2003 betrat Beck schließlich als stellvertretender SPD-Vorsitzender die bundespolitische Bühne.

Was Beck beim Wahlvolk so beliebt macht, ist seine Bodenständigkeit und Volksnähe: Er hält regelmäßig Bürgersprechstunden ab, ist beim Fußball auf dem Betzenberg in Kaiserslautern ebenso anzutreffen wie auf diversen Fastnachtsveranstaltungen, und er residiert nicht in einer Dienstvilla, sondern wohnt in einer winzigen Wohnung eines Mainzer Mietshauses. Am Wochenende kehrte der mit einer Friseurin verheiratete Vater eines erwachsenen Sohnes bisher in sein Dorfhaus im südpfälzischen Steinfeld zurück.

Konsequent tritt Beck für zwei Bevölkerungsgruppen ein, die die Kernklientel der SPD bilden: die sozial Benachteiligten und Menschen, die harte Arbeit verrichten müssen. "Ich fürchte, daß sich künftig kaum noch Menschen mit meiner Vita in Führungspositionen vorarbeiten können", hat Beck einmal gesagt. Die Gleichheit der Bildungschancen ist ihm daher ein wichtiges Anliegen, sie führte er gestern in Berlin gleich als ersten wichtigen Programmpunkt an.