Die britische Regierung hat nach Behördenangaben Ermittlungen aufgenommen, ob es sich bei einigen der Bombay-Attentäter möglicherweise um britische Staatsbürger mit Verbindungen nach Pakistan oder Kaschmir handelt. Indischen Angaben zufolge sind unter den acht festgenommenen Verdächtigen zwei in Großbritannien geborene Pakistaner.

Bombay. Daraus könnten derzeit aber noch keine Schlussfolgerungen gezogen werden, erklärte der britische Premierminister Gordon Brown.

Nach Angaben aus britischen Sicherheitskreisen ist noch nicht bestätigt, welcher Nationalität die Attentäter angehören. Einer der Verdächtigen soll bei einem indischen Fernsehsender angerufen haben und auf Urdu die Rückgabe von muslimischem Boden gefordert haben. Damit ist die zwischen Indien und Pakistan umstrittene Himalaya-Region Kaschmir gemeint.

In Großbritannien sind in den vergangenen Jahren mehrfach britische Staatsbürger mit Verbindungen nach Pakistan, Indien und Kaschmir ins Visier der Ermittler geraten. So hatten beispielsweise drei der vier Männer, die 2005 Anschläge auf den Londoner Nahverkehr verübten und 52 Menschen in den Tod rissen, familiäre Beziehungen nach Pakistan. 2006 wurde im Zusammenhang mit einem geplanten Anschlag ein in Indien geborener Mann festgenommen. Die indische Regierung machte daher "Elemente in Pakistan" für die Terrorwelle in Bombay verantwortlich

Zugleich zeigten sich die beiden atomar bewaffneten Rivalen um Deeskalation bemüht und suchten den Dialog. Zudem wird der Chef des pakistanischen Militärgeheimdienstes ISI auf indischen Wunsch zum Informationsaustausch nach Neu-Delhi reisen. Der Großeinsatz der Sicherheitskräfte, der sich am Freitag auf zwei Luxushotels und ein jüdisches Zentrum konzentrierte, näherte sich dem Ende. Offiziellen indischen Angaben zufolge wurden mehr als 124 Menschen getötet, unter ihnen drei Deutsche, was das Auswärtige Amt jedoch nicht bestätigte.

Bereits am Vortag hatte Ministerpräsident Manmohan Singh militanten Gruppen in Nachbarländern die Verantwortung für die Anschläge zugewiesen, was gewöhnlich eine Umschreibung für Pakistan ist.

Pakistan wies die Vorwürfe zurück und verurteilte die Anschläge. Präsident Asif Ali Zardari und Ministerpräsident Yousaf Raza Gilani telefonierten mit Singh. "Nichtstaatliche Kräfte wollen beiden Regierungen ihren Willen aufzwingen. Das darf nicht geschehen", zitierte das Präsidialamt Zardari. Der in Indien zu Besuch weilende pakistanische Außenminister Shah Mehmood Qureshi äußerte sich zu einem Treffen mit Singh und der Opposition bereit. Die gemeinsame Kampf gegen den Extremismus müsse verstärkt werden. Pakistan sei auf allen Ebenen zur Zusammenarbeit mit Indien bereit.

Indien und Pakistan haben seit ihrer Unabhängigkeit von Großbritannien 1947 dreimal Krieg gegeneinander geführt. Vor sechs Jahren standen beide Länder nach einem Anschlag auf das Parlament in Neu-Delhi, den Indien dem Nachbarn zuschrieb, am Rande eines vierten Krieges.

Sicherheitskräfte stürmten derweil das jüdische Zentrum in Bombay. Dabei töteten sie nach offiziellen Angaben zwei Extremisten und fanden fünf Leichen, bei denen es sich nach Angaben eines israelischen Diplomaten um israelische Geiseln handelte.

Gut 48 Stunden nach Beginn der Anschlagserie brachten andere Eliteeinheiten nach Angaben der Polizei das Hotel "Trident-Oberoi" unter ihre Kontrolle. Bei dem Einsatz wurden zwei Attentäter getötet und 143 Geiseln befreit. Bei der Durchsuchung des Gebäuden fanden die Sicherheitskräfte 24 Leichen.

Im benachbarten "Taj-Mahal"-Hotel hielt ein einzelner Attentäter, der womöglich zwei Menschen in seiner Gewalt hatte, Hunderte Einsatzkräfte in Atem. "Er bewegt sich in zwei Stockwerken hin und her. Es gibt einen Teil mit einer Tanzfläche, wo er alle Lichter ausgeschaltet hat", sagte Generalleutnant N. Thamburaj. Der Extremist kenne sich in dem Gebäude besser aus als seine Männer, sagte der Chef einer Spezialeinheit, der sein Gesicht mit einer schwarzen Maske und einer Sonnenbrille verhüllt hatte. Der Attentäter sei "zu allem entschlossen und erbarmungslos". Er habe in dem 105 Jahre alten Luxushotels 50 Leichen gesehen, ergänzte der Einsatzleiter.

Angesichts der Leichenfunde dürfte die Zahl der Toten weiter steigen. Nach den bis Freitagnachmittag (MEZ) vorliegenden Informationen der indischen Regierungen kamen auch mindestens zehn Ausländer ums Leben: Zwei Amerikaner, drei Deutsche und je ein Australier, Brite, Kanadier, Italiener und Japaner. Unter den befreiten Geiseln waren nach Angaben des Auswärtigen Amtes auch zwei deutsche Diplomatinnen, die auf Dienstreise in Indiens größter Stadt waren.

Schätzungsweise 25 Extremisten hatten mit Sturmgewehren und Handgranaten mehrere bei Touristen und Geschäftsleuten beliebte Ziele angegriffen. Nach Polizeiangaben wurden mindestens sieben der Angreifer getötet und neun Verdächtige festgenommen.