Es ist gerade mal 48 Stunden her, da kämpfte Benjamin M. aus Hamburg in der Touristengegend Colaba in Bombay noch um sein Leben. Er saß in einem Restaurant, als dort ein Sprengsatz neben ihm detonierte. Heute sprach er mit uns über die beiden Tage nach dem verheerenden Anschlag.

Bombay/Hamburg. "Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass ich in so etwas hinein gerate." Der 26 Jahre alte Außenhandelskaufmann aus Hamburg kann es immer noch nicht richtig fassen. Es ist gerade mal zwei Tage her, dass M. Opfer eines Anschlags auf ein Touristenrestaurant in Bombay wurde, in dem er sich mit einem Freund zum Abendessen verabredet hatte. "Für mich ist das alles noch total unwirklich. Ich stehe jetzt hier in meiner Wohnung auf dem Balkon und gucke aufs Meer und vor 48 Stunden habe ich noch versucht, vor den Terroristen zu fliehen."

Seine Freunde und seine Familie machen sich nach wie vor große Sorgen. "Ich habe gestern bis spät in die Nacht telefoniert und Emails geschrieben. Die Anteilnahme ist enorm. Sogar Freunde, von denen ich schon Ewigkeiten nichts mehr gehört habe, erkundigen sich und sind geschockt." M. ist jetzt zwar in Sicherheit, aber die Lage in Bombay hat sich noch immer nicht beruhigt. Stündlich gibt es neue Horrornachrichten. Bisher sind auch vier Deutsche beim Anschlag ums Leben gekommen.

Heute versucht Benjamin sich wieder auf den Alltag zu konzentrieren und zur Normalität zurückzukehren. Am Mittag traf er sich mit ein paar indischen Kollegen im Vorort Bandra, wo er auch wohnt, zum Essen. "Ich hatte schon erst ein mulmiges Gefühl im Magen. Im Restaurant saß ich wieder mit dem Rücken zum Eingang, da kamen dann die Erinnerungen von Mittwochnacht wieder hoch." M. hatte im Leopold-Cafe, wo die Terroristen angriffen, ebenfalls mit dem Rücken zum Haupteingang. Er sah den Sprengsatz erst, als dieser unter dem Tisch neben ihm landete und detonierte. "Inzwischen weiß ich, dass es 4-5 Terroristen gewesen sind. Sie haben zwischen 7 und 10 Menschen getötet, als sie nach der Explosion der Bombe mit Schnellfeuerwaffen wahllos in die Menge geschossen haben. Ich habe wirklich riesiges Glück gehabt."

Doch M. gibt sich tapfer und versucht nicht länger über die schrecklichen Ereignisse nachzudenken. "Ich habe den Schock eigentlich schon überwunden. Das Schicksal scheint es gut mit mir gemeint zu haben, ich sollte wohl noch nicht sterben. Dafür bin ich unheimlich dankbar." Zudem bekommt er viel Unterstützung von seinen Freunden vor Ort. "Ich versuche darüber hinwegzukommen, indem ich viel darüber rede. Viele Bekannte haben mir auch angeboten, dass ich einige Tage in ihren Familien verbringen soll. Sie kümmern sich rührend, bringen mir Obst und Wasser vorbei." Doch Benjamin M. will sich nicht lange ausruhen, er arbeitet schon wieder. "Ich regel jetzt erstmal alles von zuhause aus. Wenn man nicht unbedingt muss, sollte man jetzt auch nicht nach Bombay reinfahren." Allerdings beginnt in der Finanzmetropole das Leben schon wieder so langsam. Die Läden haben wieder geöffnet und auch die Straßen sind nicht mehr ganz so leer wie gestern, am Tag nach dem Anschlag.

Seine Granatsplitter machen ihm jedoch noch immer zu schaffen. "Die Wunden sind zwar nur so groß wie Mückenstiche, dafür aber tief. Der eine Splitter im Oberschenkel ist bis auf den Knochen eingedrungen." Laut der indischen Ärzte würde es größere Wunden verursachen, wenn die Splitter nun entfernt würden. Allerdings besteht die Gefahr, dass diese im Körper wandern und ungünstig einwachsen. "Ich will mir in Deutschland auf jeden Fall noch eine zweite Meinung einholen, um beruhigt zu sein." Momentan muss M. nun erstmal Antibiotikum nehmen, damit sich die Verletzungen nicht entzünden.

Mitte Dezember fliegt der Hamburger dann nach Hause zu seiner Familie. "Ich freue mich schon wahnsinnig auf zuhause, aber ich will jetzt auch nicht von hier fliehen. Ich lebe hier in Indien und ich muss jetzt versuchen, damit umzugehen."