In einem neuartigen Ausstellungsprojekt, an dem alle Abteilungen des Hauses mit ihren Objekten beteiligt sind, beschäftigt sich das Altonaer Museum mit dem Elbstrom.

Die Elbe, die im böhmischen Riesengebirge entspringt und bei Cuxhaven in die Nordsee mündet, ist insgesamt 1091 Kilometer lang. 17 Kilometer davon, der Abschnitt zwischen Altona und Willkommhöft in Schulau, sind Thema des neuartigen Ausstellungsprojekts "Alles im Fluss", mit dem das Altonaer Museum die Kultur, Kunst-, Natur-, Wirtschafts- und Mentalitätsgeschichte dieser Region darstellt.

Die Konzeption der Schau entspricht dem neuen Credo des im Umbruch befindlichen Museums, das Inhalte nun nicht mehr isoliert, sondern vielmehr gattungs- und damit auch abteilungsübergreifend darstellen will: So werden Objekte, die bisher in der Landschaftsgalerie, in den Abteilungen zur Fischerei, Schifffahrt sowie zur Bauernkultur zu sehen waren, in einer gemeinsamen Schau präsentiert, in der außerdem multimediale Elemente und moderne Präsentationsformen wie Film und Video mit einbezogen sind.

"Panta rhei, alles fließt", soll Heraklit vor 2500 Jahren festgestellt haben, was nun - mehrdeutig abgewandelt - im Ausstellungstitel "Alles im Fluss" auftaucht. Der griechische Philosoph wusste auch, dass man nicht zweimal in demselben Fluss baden kann. Dass es gleichwohl möglich ist, denselben Fluss aus sehr unterschiedlicher Perspektive zu betrachten, dieser Erkenntnis hätte Heraklit aber gewiss nicht widersprochen. In wechselnden Perspektiven auf denselben Gegenstand besteht das Konzept der Altonaer Ausstellung, die sich damit der Geschichte, Kultur und Identität der früheren Stadt Altona annimmt, die 1937 Teil von Hamburg geworden ist.

Das spartenübergreifende Ausstellungskonzept ist zugleich auch eine Vergewisserung der Tradition des eigenen Hauses, denn schon als das Altonaer Museum vor reichlich 100 Jahren gegründet wurde, verfolgte es einen damals hochmodernen, publikumsorientierten Ansatz mit zeitgemäßen Präsentationsformen. Und das inhaltliche Spektrum war zunächst auch nicht auf Geschichte, Kultur und Volkskunde beschränkt, sondern umfasste ebenso naturhistorische Themen.

Die panoramahafte Sicht auf die Elbe ermöglicht es zudem, die vielfältigen Sammlungen des Hauses erstmalig gemeinsam zu zeigen und den Besuchern ein entsprechend großes Angebot zu präsentieren.

Der Fluss bietet Lebensmöglichkeiten, er bringt aber auch ständig Neues: Menschen, Waren, Informationen. Über das Meer verbindet die Elbe die Stadt mit der Welt, was Chancen bietet, aber auch zu Bedrohungen führen kann. Auch die Unberechenbarkeit ihrer Natur, das Anschwellen, über die Ufer treten, kann für die Stadt und ihre Bewohner gefährlich werden.

Die Ausstellung ist thematisch in drei Bereiche gegliedert, die auf jeweils einer Raumeinheit dargestellt werden. Es beginnt mit dem Schwerpunkt "Auf dem Fluss", der das Geschehen auf der Elbe zum Inhalt hat. Schiffe waren und sind bis heute das Bindeglied zwischen Stadt und Fluss. "Sie transportieren Waren und liefern damit die Basis für den Handel und die wirtschaftliche Entwicklung, doch auf Schiffen kam in der Vergangenheit auch immer wieder Unberechenbares und scheinbar oder tatsächlich Gefährliches in die Stadt: exotische Tiere, fremde Menschen, gefährliche Krankheiten. Diese Ambivalenz soll hier zum Ausdruck kommen", sagt Museumsdirektorin Prof. Bärbel Hedinger. Gleich im Eingangsbereich kann der Besucher in Echtzeit miterleben, wie Schiffe aus aller Welt im Hafen empfangen werden - mit Bildern, die eine Webcam von der Schiffsbegrüßungszeremonie vom Schulauer Willkommhöft liefert. Gezeigt werden 31 Schiffsmodelle und drei Großmodelle aus dem Bestand der Schifffahrtsabteilung des Museums, die allzu lange ein Schattendasein gefristet hat.

"Am Fluss" heißt der zweite Ausstellungsteil, in dem es um das Ufer geht. Gemälde - von Louis Gurlitt, Ludwig Philipp Strack und Johann Jacob Gensler bis hin zu Lovis Corinth und Eduard Bargheer zeigen die Landschaft und deren Veränderung durch den Eingriff des Menschen: Schon im frühen 19. Jahrhundert zog es Reeder und Kaufleute in die idyllische Elblandschaft, wo sie sich Landhäuser bauen ließen - der Stadt und derem Getriebe entrückt und dennoch in ihrer Nähe. Zu sehen sind Elbfischer und Arbeiter, die in Barkassen zu den Werften gefahren werden, aber auch Ausflugsdampfer mit Familien im Sonntagsstaat. Das Flussufer ist gleichermaßen Schauplatz für die Arbeitswelt und die Freizeitkultur. Was zu sehen ist, hängt vom Standpunkt des Betrachters ab. Wie unterschiedlich dieser sein kann, lässt die fantasievolle Ausstellungsarchitektur den Besucher selbst erfahren: Er kann sich an eine Reeling lehnen, aus einem Fenster gucken und zum Beispiel das Strandleben beobachten. Ausgestellt ist auch kuriose Badebekleidung aus dem frühen 20. Jahrhundert, die man auch in einem Film über das Strandleben in Blankenese wiederentdecken kann.

Um Überblick zu gewinnen wurden im späten 18. Jahrhundert Panoramen entwickelt - ein optisches Medium, das bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Die Panoramen des Elbufers laden aber nicht nur zur nostalgischen Betrachtung ein, sondern zeigen auch den Wandel von Natur, Landschaft und Besiedlung - ein Aspekt, den eine Kamerafahrt vom Elbufer anschaulich macht.

Verantwortlich für alle Veränderungen sind Menschen, die in sehr verschiedener Weise an dem Leben teilhaben, das sich am Ufer des Flusses abspielt. Das vermitteln Biografien eines Reeders, eines Fischweibs und eines Touristen, die jeweils mit persönlichen Gegenständen - Möbeln, Luxusgütern, Arbeitsgeräten oder Erinnerungsstücken - präsentiert werden.

In seiner Doppelfunktion als Lebensraum für Fische und Pflanzen und Wirtschafts- und Nutzungsraum des Menschen bildet der Fluss das dritte und abschließende Thema. In einer großen Vitrine sind alle Fische zu sehen, die in der Elbe gefischt werden. Exemplarisch wird das Leben des Aals nachgezeichnet. Gezeigt werden die Techniken des Aalfangs und die Weiterverarbeitung des Fischs, vom Nasspräparat zur Aalsuppe - wodurch erneut eine Verbindung zum Geschehen an Land hergestell wird.

  • Altonaer Museum, Museumstr.23, bis 15.11.07, di-so 11-18, do bis 21 Uhr. Informationen auch im Internet unter www.altonaermuseum.de