Das Museum für Völkerkunde zeigt in zwei Ausstellungen aus Peru kostbare Objekte, die für die Inka vor allem kultische Bedeutung hatten.

Es war ein verhängnisvolles Missverständnis: Als die Inka in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts den spanischen Eroberern begegneten, war ihnen deren Gier nach Gold unerklärlich: Während den Ureinwohnern des amerikanischen Kontinents Gold als Symbol der Sonne galt, die sie als Gottheit verehrten, ging es den europäischen Eroberern nur ums Material.

Der "Kampf der Kulturen", der sich im 16. Jahrhundert in Mittel- und Südamerika abspielte, und bei dem es sich in Wahrheit um die von dem Spaniern gnadenlos betriebene weitgehende Vernichtung der Ureinwohner handelte, hatte zugleich eine Kulturzerstörung unvorstellbaren Ausmaßes zur Folge. Um die Bedeutung der Schau zum Inka-Gold zu ermessen, die das Museum für Völkerkunde Hamburg jetzt zeigt, ist das Wissen um diese historischen Zusammenhänge wichtig. Unter dem Titel "Der Fluch des Goldes - 1000 Jahre Inka-Gold" zeigt das Haus an der Rothenbaumchausse Zeugnisse einer Kultur, die zum größten Teil vernichtet wurde. In der aufwendig inszenierten Ausstellung, die multimediale Präsentationsformen einbezieht, sind etwa 100 kostbare Objekte aus Gold zu sehen, die zum größten Teil aus dem Goldmuseum der peruanischen Hauptstadt Lima stammen.

Es sind fein gearbeitete Gefäße, Masken, Ketten, Armreifen und weitere Schmuckstücke aber auch Messer und andere Waffen - nach europäischen Vorstellungen ein sagenhafter Schatz, für die Inka jedoch Gegenstände, die wichtig für Religion, Kult und tägliches Leben waren.

Da sie dem Gold eine göttliche Bedeutung beimaßen, verzierten die Inka ihre Tempel damit oder legten Verstorbenen von Rang Masken aus Gold mit ins Grab. Historische Quellen berichten von Ritualen, bei denen Inka-Häuptlinge Gegenstände aus Gold in einem aufwendigen Ritual den Göttern opfern. Im Katalog schreibt der peruanische Experte Luis Hurtado: "Das Gold wurde als Samen der Sonne betrachtet, es verband die Erdenwelt mit der Wohnstatt der Götter, einer Welt, die bereits existierte, bevor die Zeit und mit ihr der Tod erschien." Der Wert des Goldes war für sie spirituell, für die Spanier dagegen ausschließlich materiell. Die meisten Goldgegenstände, die den Eroberern in die Hände fielen, ließen sie einschmelzen und per Schiff nach Europa transportieren.

Die Schau, die von Wilfried Murawetz, dem Direktor des Lateinamerika-Zentrums der Leipziger Universität konzipiert wurde, beschränkt sich nicht auf die Präsentation wertvoller Objekte, sondern erzählt auch vom Schicksal jener sagenumwobenen Hochkultur, deren Geschichte wahrscheinlich um 1000 bis 1200 im Hochtal von Cuzco im heutigen Peru begann. Zunächst mit diplomatischen Mitteln, bald aber auch mit Gewalt, gelang es den Inka weite Teile der Kordilleren zu unterwerfen und eine hierarchische Gesellschaft aufzubauen. Um Siedlungen, Paläste und Tempel zu bauen, konnten alle Männer zwischen dem 25. und 50. Lebensjahr herangezogen werden. Mitte des 15. Jahrhunderts eroberten die Inka Gebiete, die bis nach Chile reichten, und führten dort die Ketschua-Sprache und den Sonnenkult ein.

Reichsteilungen und Thronstreitigkeiten erleichterten es dem spanischen Eroberer Pizarro, die Ureinwohner zu unterwerfen. Die entscheidende Schlacht führten die Spanier 1532 gegen den Inka-Herrscher Atahualpa, doch erst 1572 war das Volk gänzlich unterworfen.

Da die Inka über keine schriftlichen Überlieferungen verfügten, bleibt vieles über ihre Geschichte und Kultur im Dunkeln. Umso faszinierender sind die vergleichsweise wenigen Zeugnisse, die die 500 Jahrhunderte seit dem Untergang des Inka-Reichs überdauert haben.

Diese sind auch in der neuen Dauerausstellung "Schätze der Anden - Die Inka-Galerie" zu sehen, die parallel zur Sonderausstellung "Inka-Gold" eröffnet wird. Die Inka-Galerie bietet einen Einblick in über 3500 Jahre Kulturgeschichte des vorspanischen Andenraumes, die mit dem Inkareich ihren letzten Höhepunkt erreichte. Meisterhaft modellierte Grabgefäße, Holz- und Steinskulpturen sowie fein gewebte, erstaunlich gut erhaltene Textilien, alle aus dem Bestand des Museums, erzählen vom Leben der damaligen Menschen. Beide Ausstellungen zusammen vermitteln so ein Bild der alten Andenkulturen.

  • Museum für Völkerkunde , Rothenbaumchaussee, Sonderausstellung 21.1.-24.6.07,. di-so 10-18, do bis 21 Uhr.