Mühsal, Mauerreste, Knochenfunde - aber keine Spur von der Hammaburg.

Die Erwartungen waren hoch, als Dr. Karsten Kablitz und sein 16-köpfiges Team am 1. Juli 2005 mit den Grabungen auf dem Domplatz begannen. Nach dem bisherigen Stand der Forschung galt es als sicher, dass an diesem Ort die früheste Besiedlung Hamburgs stattgefunden hat. Die meist diskutierte Frage war, ob sich hier, in unmittelbarer Nachbarschaft von St.-Petri-Kirche, Pressehaus und Mönckebergstraße, die 817 erbaute und 845 von dänischen Wikingern zerstörte Hammaburg nachweisen ließe.

Finanziert hat die Grabung die Investorengruppe des geplanten Neubaus. Achtzehn Monate haben die Archäologen bei Regen, Wind und in brütender Hitze Siedlungshorizonte freigelegt, Grabungsschnitte digital vermessen, die Befunde dokumentiert, Pläne mittels Computertechnik erstellt und mit Zaungästen über ihre Arbeit diskutiert. Diese wird am 31. Dezember 2006 zu Ende gehen. An den ersten drei Sonnabenden im Dezember bieten Mitarbeiter des Helms-Museums Führungen an und informieren über die Ergebnisse der Ausgrabung.

Bereits zweimal wurde im vergangenen Jahrhundert auf dem Domplatz gegraben. Zwischen 1949 und 1956 untersuchte der Bodendenkmalpfleger Reinhard Schindler das durch Kriegsschäden zerstörte Gelände. Er entdeckte einen Wallgraben, unter dem sich Keramik aus dem zehnten Jahrhundert befand und der somit einhundert bis einhundertfünfzig Jahre jünger war als die Hammaburg.

Eine Grabung in den achtziger Jahren brachte einen Doppelkreisgraben zutage mit einem Außenmaß von 65 Metern. Es fanden sich keine Hinweise auf die Funktion der Anlage. Interessant für die Forscher ist jedoch der Verfüllungszeitpunkt: Mitte des achten Jahrhunderts, kurz vor der Errichtung der Hammaburg.

Diese Funde ließen hoffen, dass es auch Überreste aus dem neunten Jahrhundert, der Zeit der Bauphase, geben müsse. Schriftlichen Quellen zufolge war der Burg eine Siedlung von Händlern und Handwerkern vorgelagert mit Anlegemöglichkeit für Schiffe.

Doch was die Archäologen entdeckten, widerlegt alle Thesen - die Hammaburg stand nicht an dieser Stelle! Die Forscher konnten zwar eine Fülle unbekannter Spuren aus dem Mittelalter bis in die heutige Zeit sichern wie Grabstätten, Reste von Pfostengebäuden, Abfallgruben und anderes mehr. Sie fanden jedoch keine Belege für das neunte Jahrhundert.

Macht sich nach so viel Hoffnung Enttäuschung breit? "Auch Ausschlusskriterien gehören zum Alltagsleben eines Archäologen und bringen neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Unsere Ergebnisse lassen die Entstehungsgeschichte Hamburgs in neuem Licht erscheinen", erläutert Karsten Kablitz.

Bisher gingen die Historiker nämlich davon aus, dass Hamburg von der Südseite des Geestrückens aus besiedelt wurde, der damals von Bille und Alster begrenzt wurde. Doch möglicherweise ist die Siedlung nördlich von St. Petri, in Nähe zur Alster zu suchen.

Vielleicht in Höhe der Europa-Passage. Dieser Ort bot topografische Vorteile. Denn im Süden fiel der Geestrücken steil zur Bille ab, wäre für an- und ablegende Handelsschiffe nur bedingt geeignet gewesen. Im Gegensatz zu dem eher flach abfallenden Gelände im Norden.

Doch wenn nicht auf dem Domplatz, wo stand die Hammaburg? Kablitz: "Wir vermuten sie weiter östlich, im Verlauf der späteren Hamburger Stadtbefestigung, des Heidenwalls. Es ist doch davon auszugehen, dass der Wallkörper der Hammaburg bei dem Angriff der Wikinger nicht abgetragen wurde, sondern weitgehen erhalten blieb, und es ist ohne weiteres vorstellbar, dass die Befestigungswerke der Stadt im 13. Jahrhundert auf den noch vorhandenen Resten der ehemaligen Hammaburg aufbauten. Dann wäre der Heidenwall älter als bisher angenommen."

Wenn die Archäologen ihre Zelte abgebaut haben, wird auf dem Domplatz ein kulturelles Begegnungszentrum entstehen. In diesem soll u. a. die Zentralbibliothek, die am Hühnerposten eine provisorische Unterkunft hat, ihre Bleibe finden. Und vielleicht lässt sich irgendwann doch noch das Rätsel der Hammaburg lösen. Die Forscher hoffen, noch einmal zum Zug zu kommen, wenn die Straßen um den Domplatz herum neu gestaltet werden.