1781 knüpfte der Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein, dem das Jenisch Haus jetzt eine Ausstellung widmet, zum ersten Mal brieflichen Kontakt zu Goethe, dessen Werk er längst kannte und schätzte. Diese Wertschätzung beruhte auf Gegenseitigkeit. Goethe vermittelte dem Maler wenig später ein Stipendium des Herzogs Ernst II. von Sachsen Gotha, das Tischbein einen Rom-Aufenthalt ermöglichte. Hier kam es 1786 auch zur ersten persönlichen Begegnung zwischen dem Maler und dem Dichter, der in Tischbeins Künstlerkommune wohnte und sich von ihm die Sehenswürdigkeiten der ewigen Stadt zeigen ließ.

Mit "Goethe in der Campagna", das im Städel-Museum in Frankfurt hängt, schuf Tischbein das bekannteste Bildnis des Weimarer Dichterfürsten, das ihm - dem Angehörigen einer weitverzweigten Maler-Familie - den Beinamen "Goethe-Tischbein" einbrachte.

Goethe nahm bei Tischbein Zeichenunterricht, der wiederum literarisch so interessiert war, dass ihn Zeitgenossen zum "Malerpoeten" erklärten. "Doppelbegabungen" dieser Art wurden in der Romantik und im Klassizismus in besonderer Weise geschätzt. Tischbeins Affinität zur Dichtung zeigt sich aber auch in zahlreichen Bildern und Zeichnungen, die sich auf literarische Motive beziehen. Oft schuf er Bilder als Pendants zu literarischen Texten oder bat Dichter, seine bildlichen Darstellungen mit Worten zu vollenden. Die Ausstellung "Der Maler als Dichter" im Jenisch Haus wurde von der Stiftung Weimarer Klassik konzipiert. In zehn Kabinetten werden etwa 200 Zeichnungen, Aquarelle und Gouachen von Tischbein gezeigt, die die Stiftung vor drei Jahren in New York aus dem Besitz der Großherzöge von Oldenburg ersteigern konnte.

Für Hamburg wurde die Schau, die zuvor in Weimar und Rom zu sehen war, um eine Abteilung erweitert, in der es um Tischbeins besondere Beziehung zu Hamburg und Eutin geht. Ende des 18. Jahrhunderts sowie 1801 und 1808 lebte Tischbein in Hamburg, wo er Kontakte mit Philipp Otto Runge, Friedrich Overbeck und Arthur Schopenhauer unterhielt.

1808 berief ihn der Herzog von Oldenburg als Hofmaler und Galeriedirektor in seine Sommerresidenz Eutin, wo er bis zu seinem Tod 1829 lebte.

  • Jenisch Haus , Museum für Kunst und Kultur an der Elbe. 3.12.06-30.4.07, di-sa 11-18 Uhr.