Ordnung ist das halbe Leben. Das haben wir gelernt - und neigen daher mit mehr oder minder hoher Frequenz zum (Aus)Sortieren, Überprüfen, Regeln. Verhältnismäßig viel Sinn erfüllt diese Gewohnheit an Orten mit einer hohen tagesaktuellen Fluktuation - siehe Kühlschrank oder Schreibtisch.

Aber es gibt auch Orte, an denen "Aufräumen" zur zweifelhaften Tätigkeit wird, wenn dies quasi einem Widerspruch der dem Ort immanenten Aufgabe gleichkommt: Ein Speicher beispielsweise ist der Ort einer (zunächst unbefristeten) Aufbewahrung.

Dass diese Bestimmung nicht jedem bewusst ist, musste ich erst kürzlich schmerzlich feststellen: Im Radspeicher des Bahnhofs Lüneburg wird nämlich sehr wohl aufgeräumt. Ebenso regelmäßig wie gründlich wird dort geschaut, welche Räder "illegal" untergestellt sind.

Dagegen ist generell nichts einzuwenden. Worüber man allerdings einmal nachdenken könnte, ist die Praxis, Räder mit erst kürzlich abgelaufenem Parkaufkleber sofort und unwiderruflich zu "entfernen." Meine Argumentation, dass es beispielsweise bei Studierenden zur gewöhnlichen Lebenswelt gehöre, für ein Semester oder länger den Wohnort oder gar das Land zu verlassen und sie somit die fristgerechte Erneuerung des - nebenbei bemerkt: für sie ohnehin kostenlosen - Aufklebers nicht immer einhalten könnten, stieß auf keinerlei Verständnis: Da "müsse man sich eben irgendwie kümmern". Aha. Survival of the fittest, könnte man sagen. Oder schlicht: Diebstahl.

Immerhin für wohltätige Zwecke: Ich konnte mein Fahrrad nämlich nach einiger Recherche wiederfinden - in der Fahrradausgabestelle von "job.sozial".

Maike Strietholt studiert Angewandte Kulturwissenschaften an der Uni Lüneburg.

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