Es ist eine brisante Mischung aus Herdentrieb, Assimilationsinteresse, Identifikationsbegierde: Das “Fansein“.

Es geschieht mit Regelmäßigkeit. Da wendet sich Mensch, und hierbei vorwiegend Mann einer Seinsform zu, deren Alltagsrelevanz er offensichtlich ganz nach persönlichem Belieben steuern kann: Vom Standby-Modus hin zum absoluten und allein stehenden Hauptmerkmal der eigenen Persönlichkeit. Eine brisante Mischung aus Herdentrieb, Assimilationsinteresse, Identifikationsbegierde: Das "Fansein". Die bedingungslose Huldigung der glorreichen Elf, für die man sich dereinst im Zuge seiner Sozialisierung mehr oder minder frei entschied.

Alle Wochenenden wieder schmiert also Bauingenieur M. mit der gleichen Selbstverständlichkeit wie Kieferorthopäde O. früh morgens die Stullen - für nur drei Fußminuten oder bis ans Ende der Republik - ganz egal, die Mannschaft spielt! Familie, Freunde, Kinder, alles vergessen, heut ist "mit die Jungs" angesagt!

Da es aber eben auch Nicht-Fußballgänger gibt, bleibt ein Zusammentreffen von Fans mit Otto-Normalbürgern an gewissen öffentlichen Orten nicht aus. Letztere werden dabei um die rasche Feststellung eines weiteres grundlegenden Merkmals der bundesdeutschen Fankultur nicht lange herumkommen: Dem Alkoholkonsum. Und wenn man dann beispielsweise samstäglich im stimmgewaltigen, ethanoldünstenden, feuchtwarmen Fanchor-Biotop eines Zuges steht (garantiert nicht sitzt!), dann wünscht man sich vermutlich Mehreres, aber doch zumindest ein Alkoholverbot, exakt! Und siehe da, genau das scheint auch eine gewisse hochfrequentierte Bahngesellschaft erkannt zu haben: Das Metronomteam schenkt dem Fahrgast ab demnächst Alkoholfreiheit. Eine Wohltat.

Maike Strietholt studiert Angewandte Kulturwissenschaften an der Uni Lüneburg.

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