Gesundheitsreform: CDU und SPD einig. Beitragssatz steigt schon 2007 um 0,5 Prozentpunkte. Auch der Gesundheitsfonds kommt.

Berlin. Nach monatelangem Reform-Gezerre hat sich die große Koalition auf Eckpunkte für eine Gesundheitsreform geeinigt. Die Konsequenz für 50 Millionen Versicherte: höhere Kassenbeiträge. Zugleich wird in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 2008 ein Fonds eingeführt, in den auch Steuergeld fließen soll. Darauf verständigten sich SPD und CDU/CSU gestern nach einem zehnstündigen Verhandlungsmarathon.

Danach steigt der Beitragssatz schon 2007 um 0,5 Prozentpunkte, die Erhöhung tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte. Über die genaue Höhe entscheiden die Kassen je nach Finanzlage.

"Ich glaube, das ist ein wirklicher Durchbruch", sagte Kanzlerin Angela Merkel. Die SPD stellte sich hinter den Kompromiß. Opposition und Verbände reagierten allerdings mit heftiger Kritik.

Merkel sagte, mit der geplanten Reform beginne eine neue Etappe der Finanzierung des Gesundheitssystems. Langfristig würden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge konstant gehalten. Mit Strukturreformen würden zudem "Verschwendung und Undurchschaubarkeit im System" abgebaut. Daraus ergäben sich mittelfristig Einsparungen. Diese - die Union schätzt sie für 2007 auf drei Milliarden Euro - reichten aber vorerst nicht aus. Deshalb sei die Beitragserhöhung nötig.

Arbeitnehmer zahlen danach im kommenden Jahr im Schnitt 7,8 Prozent, Arbeitgeber 6,9 Prozent. Damit kommen fünf Milliarden Euro zusätzlich ins System.

An Haushaltsmitteln sollen ab 2008 zunächst 1,5 Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds fließen, 2009 dann drei Milliarden. Dies werde in dieser Legislaturperiode ohne Steuererhöhung umgesetzt, sagte Merkel. Irgendwann soll der Steuerzuschuß die volle Höhe der Kinderversicherung erreichen. Dies sind 16 Milliarden Euro für alle Kinder und 14 Milliarden, falls nur die Kinder in der gesetzlichen Versicherung profitieren sollen.

Der Gesundheitsfonds wird nach Merkels Worten die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern einziehen. Der Beitragssatz wird dann gesetzlich festgeschrieben und soll bis 2012 stabil bleiben. Aus dem Fonds sollen die Kassen für jeden Versicherten einen festen Betrag erhalten. Falls das Geld nicht ausreicht, sollen die Kassen selbst entscheiden, ob sie zusätzlich eine kleine Pauschale oder einen prozentual am Einkommen bemessenen Zusatzbeitrag einfordern.

Opposition, Fachverbände und Experten kritisierten das Ergebnis. Der Direktor des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Instituts, Thomas Straubhaar, sprach gegenüber dem Abendblatt von einem Beleg der Ziellosigkeit und mangelnden Glaubwürdigkeit der großen Koalition. "Schritt für Schritt folgt sie einer Politik, die höhere Steuern und steigende Abgaben in die maroden Staatshaushalte pumpt, die, wie es Bundeskanzlerin Merkel selber sagt, eigentlich grundsanierungsbedürftig sind."