Beschlüsse: Das ändert sich für Versicherte, Patienten, Ärzte und Apotheker

Berlin. Nach monatelangen Beratungen haben sich Union und SPD auf Eckpunkte für eine Gesundheitsreform verständigt. Das Ergebnis bleibt für beide Seiten hinter den ursprünglichen Forderungen zurück, wird von beiden Seiten als klassischer und auch für die Versicherten gut tragbarer Kompromiß beworben. Schon im Vorfeld hatte sich die Union von der Idee einer Gesundheitsprämie und die SPD vom Plan einer Bürgerversicherung verabschiedet. Die wesentlichen Details der Reform:

GESUNDHEITSFONDS

Kern der Krankenversicherung soll ein Finanzpool werden, aus dem die einzelnen Kassen eine bestimmte Summe für jeden Versicherten erhalten, plus einem Ausgleich je nach Alter und Krankenstand der Mitglieder. In den Fonds fließen die Beiträge von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie Steuermittel. Die private Krankenversicherung wird entgegen den Forderungen der SPD an dem Fonds nicht beteiligt.

ZUSATZBEITRAG

Kassen, die mit dem Geld nicht auskommen, dürfen einen zusätzlichen Beitrag erheben. Die Kassen können wählen, ob sie einen Festbetrag erheben wollen oder einen prozentualen einkommensabhängigen Zusatzbeitrag, wie ihn die SPD wollte. Bei guter Finanzlage können den Versicherten Abschläge ausgezahlt werden.

STEUERFINANZIERUNG

Gesamtgesellschaftliche Leistungen der Krankenkassen sollen zunehmend über Steuergelder finanziert werden. 2008 sollen 1,5 Milliarden und 2009 drei Milliarden Euro aufgebracht werden. Dann soll der Anteil weiter steigen. Steuern sollen dafür nicht erhöht werden. Konkret soll das Geld in die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder fließen. Wo die Mittel herkommen sollen, ließen die Koalitionsspitzen offen. Für die volle Finanzierung der Kinderversicherung werden allein in der gesetzlichen Krankenversicherung rund 14 Milliarden Euro benötigt. Die SPD wollte weit mehr Leistungen aus höheren Steuern bezahlen. Auch aus der Union war zunächst Zustimmung für höhere Steuern gekommen, unmittelbar vor der entscheidenden Runde kehrte die Unionsspitze aber davon ab.

Kritiker der Steuerfinanzierung verweisen darauf, daß bereits mit der Gesundheitsreform 2003 eine Teilfinanzierung aus Steuern eingeleitet wurde. Die große Koalition beschloß jedoch, das Geld zur Haushaltssanierung zu verwenden. In diesem Jahr erhalten die Kassen aus der Erhöhung der Tabaksteuer vom Bund noch 4,2 Milliarden Euro, 2007 nur noch 1,5 Milliarden Euro. 2008 fällt dieser Zuschuß weg.

BEITRAG

Um das drohende Defizit der Krankenkassen von sieben Milliarden Euro im nächsten Jahr zu decken, nimmt die Koalition steigende Beiträge in Kauf. Im Schnitt werden sie um 0,5 Prozentpunkte steigen. Schon die mit der Reform 2003 versprochenen Beitragssenkungen im großen Stil waren ausgeblieben.

EINSPARUNGEN

Strukturänderungen sollen mehr Transparenz und Effizienz ins Gesundheitssystem bringen. Dazu hat eine Arbeitsgruppe ein 60seitiges Eckpunktepapier erstellt. Die Einspareffekte liegen zwischen zwei und 3,5 Milliarden Euro. Nicht durchsetzen konnte sich die Union mit dem Plan, private Unfälle nicht über die Krankenkassen zu decken. Die SPD scheiterte mit einer Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze.

PRIVATE KRANKENVERSICHERUNG

Die privaten Kassen müssen einen Basistarif auf Grundlage der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung anbieten, in den ehemalige PKV-Versicherte zurückkehren können. Diesen Grundtarif, für den keine Gesundheitsprüfung nötig ist, sollen auch alle freiwillig gesetzlich Versicherten in Anspruch nehmen dürfen. Ein Privatversicherer kann zudem künftig bei einem Wechsel der Versicherung angesammelte Altersrückstellungen mitnehmen.

KRANKENKASSEN

Die Kassen kommen künftig nicht mehr für Komplikationen in Folge von Schönheitsoperationen, Piercings und Tätowierungen auf. Sie bekommen mehr Möglichkeiten, mit Ärzten über Leistungen und Preise zu verhandeln. Zudem müssen die Kassen bestimmte Hausarzttarife anbieten. Die bisher nebeneinander agierenden sieben Spitzenverbände sollen sich zur Erfüllung bestimmter Aufgaben auf Bundesebene zu einem einzigen Dachverband zusammenschließen. Jede Kasse soll mit einer anderen fusionieren können.

ÄRZTE

Die Mediziner erhalten ein neues, einfacheres Vergütungssystem mit Pauschal-Preisen. Damit sollen sie im vorhinein ersehen können, wieviel Euro sie genau für eine Leistung erhalten. Dies ist beim heutigen Punktwertesystem nicht der Fall. Die bisherige Budgetierung wird abgeschafft.

MEDIKAMENTE

Um die steigenden Ausgaben für Arzneimittel einzudämmen, werden Höchstpreise eingeführt. Durch Preisverhandlungen zwischen Kassen und Apothekern sollen 2007 mindestens 500 Millionen Euro gespart werden. Wird das Ziel verfehlt, müssen die Apotheker den Kassen einen Sonderrabatt gewähren. Zudem können die Apotheker mit den Pharmafirmen Preise unter dem Höchstwert aushandeln. Ärzte müssen vor der Verordnung teurer und spezieller Arznei- und Hilfsmittel eine zweite Meinung eines Facharztes einholen. Neue Medikamente werden stärker auf Kosten und Nutzen geprüft.

KRANKENHÄUSER

Die Kliniken sollen mehr als bisher hochspezialisierte Leistungen ambulant erbringen. Dafür sollen Krankenhäuser und Kassen mehr Geld bereitstellen. Auch sollen die Klinikbudgets sinken.