Kommentar: Noch eine Gesundheitsreform

Politiker haben die schlechte Angewohnheit, den Mund zu voll zu nehmen und allen viel zuviel zu versprechen. Die Spitzen von CDU, CSU und auch der SPD erweckten im Bundestagswahlkampf 2005 den Eindruck, als trauten sie sich zu, in der Gesundheitspolitik das Rad neu zu erfinden. Das war damals übertrieben und mußte mit einer Enttäuschung enden. Nun ist es soweit.

Das in unzähligen Fachgruppen und schließlich in einer Nachtsitzung von den Spitzen-Koalitionären sehr mühsam ausgehandelte Eckpunktepapier beinhaltet weder die Neuerfindung des Rades, noch ist es ein wirklich großer Wurf. Und weil zum Kompromißpaket auch eine Beitragserhöhung im kommenden Jahr gehört, stehen die Koalitionäre jetzt einmal mehr am Pranger. Als Abkassierer nämlich, denen immer als erstes einfällt, Bürgern und Versicherten noch tiefer in die Kasse zu greifen.

Doch die Fokussierung auf diesen zweifellos unschönen Punkt sollte nicht den Blick dafür verstellen, daß die Eckpunkte etliche Elemente enthalten, die in der Tat mittelfristig für mehr Effizienz und damit auch für Einsparungen im Gesundheitssystem sorgen können. Wirklich ärgerlich ist es, daß sich die Koalitionäre nicht dazu durchringen konnten, die Beiträge nennenswert von den Löhnen abzukoppeln.

Dazu hätten sie den Mut finden müssen, eine deutlich stärkere Steuerfinanzierung des Systems zu verabreden. Im Gegenzug hätten dann die Beiträge und damit die Arbeitskosten gesenkt werden können. Die Union, vor allem die CSU, sperrte sich leider gegen einen solchen Schritt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Noch muß aus den Eckpunkten ein Gesetz werden. Auf dem Weg dorthin ist noch manche Änderung denkbar und wohl auch nötig.