Berlin. Im Streit zwischen den Regierungsparteien um das avisierte Heizungsverbot bahnt sich eine Lösung an. Wie der "Spiegel" aus Koalitionskreisen erfahren haben will, handelt es sich um einen ersten Durchbruch im Hinblick auf Finanzierung, Zeitfenster und technologische Fragen. Schlüssel der Lösung soll eine Abwrackprämie für alte Heizsysteme sein. Weitere Anreize für den Wechsel zu nachhaltigem Wärmemanagement sollen steuerliche Erleichterungen und Zuschüsse bilden.
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Koalitionsstreit beigelegt? Kompromiss in Sachen Heizung deutet sich an
Zuvor hatten sich die Fronten zwischen Grünen, FDP und Kanzlerpartei SPD verhärtet. Wirtschaftsminister Habeck war mit seinem Vorstoß, den Einbau von Heizungen auf Grundlage von fossilen Brennstoffen ab 2024 zu verbieten, auf massive Kritik gestoßen. Der von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) mit ausgearbeitete Gesetzesentwurf war vorab an die Presse durchgestochen worden, was zu einem öffentlichen Disput zwischen den Koalitionären geführt hatte. In der Zwischenzeit signalisierte Habeck Kompromissbereitschaft. Zwar stehe noch viel Detailarbeit bevor, trotzdem scheint ein Kompromiss nun in greifbarer Nähe zu sein.
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Auch aus Bevölkerung und Bürgervertretungen war viel Widerspruch zu hören. Einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Civey zufolge lehnt die Mehrheit der Deutschen ein Verbot für die Installation von Gas- und Ölheizungen ab. Während Vorreiter Dänemark bereits 2013 sukzessive fossile Wärmesysteme verbietet und Österreich seit 2020 auf demselben Weg ist, zeigt die Befragung, wie sehr das Thema in Deutschland polarisiert:
- 72 Prozent der Deutschen lehnen ein Verbot von Öl- und Gasheizungen ab 2024 ab.
- Unter rechten, bürgerlichen und konservativen Wählern ist die Ablehnung besonders groß. 96 Prozent der AfD-Anhänger, 92 Prozent der CDU-Wähler und 86 Prozent der Liberalen sind dagegen.
- Unter den Grünen-Wählern sprechen sich dagegen 74 Prozent für das Verbot aus.
Abwrackprämie, Günstige Kredite, Fördermittel: Finanzierung wird greifbar
Einer der beiden Zankapfel ist die Frage der Finanzierung moderner Heizsysteme. Die von den Grünen angestrebte Optimallösung, flächendeckend Wärmepumpen zu installieren, wurde von FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler als "irrsinnig teuer" abgetan. Haushalte mit niederen und mittleren Einkommen sollen nun mit Fördermitteln aus dem Klima- und Transformationsfonds unterstützt werden. Dieser speist sich zum Teil aus dem Erlös des Emissionshandels. Geschützt werden sollen auch Mieterinnen und Mieter. Diese wurden in der Vergangenheit oft durch Modernisierungszuschläge finanziell übermäßig belastet. Der Kompromiss soll eine Deckelung der Umlage vorsehen.
Heizung | Grundförderung | Heizungs-Tausch-Bonus | Wärmepumpen-Bonus | Förderung gesamt |
Wärmepumpe | 25 | 10 | 5 | 40 Prozent |
Pelletheizung | 10 | 10 | – | 20 Prozent |
Zusätzlich sollen Energiebranche und Hausbesitzer mit einer Idee aus der Weltfinanzkrise vor 15 Jahren stimuliert werden: Eine Abwrackprämie, wie sie 2009 für den Tausch von Autos genutzt wurde, soll die Finanzierung für Privatleute und Unternehmen erleichtern und die Nachfrage für Heizungsinstallateure ankurbeln. Günstige Kredite sollen zudem finanziell Bessergestellten zum Wechsel ermutigen.
Zusätzlich geplant ist demnach auch eine Steuerabschreibung von 20 Prozent der Einbaukosten. Weiterhin gültig bleiben soll die staatliche Förderung der Installation mit bis zu 40 Prozent der Einbaukosten. Mit dem Paket erhofft sich die Ampel, genügend Anreize zum schnellen Wechsel zu schaffen – obwohl Wärmepumpen mit rund 20.000 Euro Anschaffungskosten deutlich teurer sind als herkömmliche Heizungen.
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Technologieoffen oder striktes Verbot? Habeck geht auf FDP zu
Noch umstrittener ist der Knackpunkt der künftig erlaubten Heiztechnologien. Die Liberalen pochen in der Frage der Heizsysteme nach wie vor auf "Technologieoffenheit" wie beim Verbrennermotor und der Stromversorgung. Ein Verbot von Gasheizungen lehnten sie bislang entschieden ab und warfen Habeck eine "Verbotsorgie" vor. Stattdessen schwebte ihnen vor, Gasthermen dann weiter zuzulassen, wenn sie zu 65 Prozent auf klimaneutralen Brennstoffen, wie Biomethan und grünem Wasserstoff, basieren.
Auch die Co-Autorin des Gesetzesentwurfs Klara Geywitz hatte "eine Bandbreite an Technologien" vorgesehen und "jede Menge hybride Lösungen" versprochen. Nun scheint das Wirtschaftsministerium unter Habeck einzulenken. Statt ausschließlich auf Fernwärme, Direktstromheizsysteme und Wärmepumpen zu setzen, wird wieder über Gasthermen auf Basis von klimafreundlichen Brennstoffen diskutiert. Vom Tisch sei allerdings die Option Holzpellets, die Geywitz mit Blick auf die Landbevölkerung nicht ausschließen wollte. Gleiches gilt nach "Spiegel"-Informationen für Biomasse.
Ursprünglich hatten sich SPD, FDP und Grüne in den Koalitionsverhandlungen für einen Ausstieg aus öl- und gasbetriebenen Heizungen ab 2025 geeinigt. Im Angesicht der Energiekrise als Folge des Ukraine-Kriegs hatte sich der Koalitionsausschuss für das Vorziehen der Klimaschutz-Maßnahme auf 2024 ausgesprochen.
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