Starke Gegenwehr vor Bagdad - jetzt wollen die USA erst die Kämpfe im Süden des Irak beenden. US-Gefangene hingerichtet?

Bagdad/Washington. Wegen anhaltender Sandstürme und Regens mussten gestern mehrere US-Hubschrauber den zweiten Tag in Folge am Boden bleiben. Einige Einheiten stoppten ihren Vormarsch 80 Kilometer vor Bagdad. 150 Kilometer südlich lieferten sich US-Truppen bei Nadschaf die bislang schwersten Kämpfe mit irakischen Einheiten, wie ein US-Kommandeur berichtete. Binnen drei Tagen seien rund tausend Iraker getötet worden, sagte US-Generalmajor Buford Blount. Sorge bereiteten den Alliierten eine starke irakische Truppenbewegung aus Bagdad Richtung Nadschaf. Angeblich führte diese Einheit tausend Militärfahrzeuge mit sich. US-Kampfhubschrauber konnten wegen des tobenden Sandsturms nicht aufsteigen, doch Kampfflugzeuge warfen Bomben auf die vorrückenden Iraker. Die US-Streitkräfte haben nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 4000 Kriegsgefangene in Gewahrsam. Der Krieg sei aber "noch lange nicht vorbei", dämpfte US-Präsident George W. Bush auf der Luftwaffenbasis MacDill im US-Bundesstaat Florida erneut Erwartungen an ein rasches Ende der Kämpfe. Das Pentagon bestätigte Berichte der "New York Times", nach denen vor einem Großangriff auf Bagdad doch erst die Kämpfe im Süden des Landes beendet werden sollen. Die Invasionstruppen wollten sich weiter auf Schaltstellen der irakischen Führung konzentrieren und Häuserkämpfe vermeiden. Beim Angriff eines US-Kampfhubschraubers nördlich von Nassirijah wurden zahlreiche Zivilisten getötet. Auf den Straßen des Ortes Asch Schatra lagen nach Angaben von Augenzeugen 20 bis 25 Tote in Zivilkleidung. An der Nordfront wurden irakische Stellungen bei Kirkuk und Mossul bombardiert. Das Pentagon prüft derweil Berichte, nach denen am Sonntag in Nassirijah mehrere US-Soldaten zunächst gefangen genommen und dann hingerichtet worden sein sollen. Wie der Nachrichtensender CNN unter Berufung auf Ministeriumsquellen weiter meldete, gibt es Hinweise darauf, dass die Männer beim Wenden ihres Fahrzeuges in eine Falle gerieten, sich mit erhobenen Händen ergaben und dann erschossen wurden. In Pentagonkreisen wurde aber zugleich betont, dass diese Angaben aus einer einzelnen Informationsquelle stammten und einer sorgfältigen Untersuchung bedürften. Nach irakischer Darstellung wurden die sieben US-Soldaten in einem Gefecht getötet. Bei demselben Vorfall waren weitere fünf Amerikaner in Gefangenschaft geraten. Nach Ansicht des britischen Militärexperten John Keegan benötigen die US-geführten Truppen in Irak dringend Verstärkung. US-Oberbefehlshaber Tommy Franks brauche "ohne weiteres Warten eine Lösung", und das deute immer stärker darauf hin, dass er schnell mehr Soldaten benötige, schrieb Keegan in einem Beitrag für den "Daily Telegraph". "Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Verbündeten gerade versuchen, ein Land von der Größe Frankreichs zu besetzen, und zwar mit einer Panzerdivision, einer Luftlandedivision und einem Trupp von Marineinfanteristen, der etwa die Stärke von zwei kleinen Divisionen hat", fügte Keegan hinzu. Der britischen Division habe die Aufgabe, die Stadt Basra zu erobern. Am Abend wurde bekannt, dass die US-Truppen im Kampfgebiet verstärkt werden. Die ersten von insgesamt 12 000 Soldaten der 4. Infanterie-Division sollen heute vom Stützpunkt Fort Hood (US-Bundesstaat Texas) an den Golf aufbrechen. Diese Division sollte ursprünglich von der Türkei aus einmarschieren.