Briten schließen zweitgrößte Stadt des Irak ein. Widersprüchliche Berichte über Rebellion von Schiiten.

Basra. Was tatsächlich in der zweitgrößten irakischen Stadt Basra vor sich geht, konnte gestern nicht einmal der britische Premierminister Tony Blair mit Sicherheit sagen. "Die Berichte darüber, was in Basra geschehen ist, waren verwirrend. Wir glauben aber, dass es vereinzelte Unruhen gegeben hat", sagte er im britischen Unterhaus. Unklar ist, wie groß diese Aufstände gegen das irakische Regime sind und ob sie noch andauern. Soldaten der britischen Armee haben die Hafenstadt eingeschlossen und warten ebenfalls auf eine Klärung der Lage. Dann wollen sie ins Stadtzentrum vorrücken. Ein Militärsprecher sagte: "Es gibt nur ein Ziel: Wir müssen die Stadt im Interesse der Bevölkerung befreien." Bisher wehren sich aber mehr als 1000 irakische Milizionäre und offenbar auch reguläre irakische Soldaten gegen diese Befreiung. Nach Angaben des britischen Offiziers Chris Vernon feuern sie mit ihrer Artillerie aus dem Zentrum der Stadt auf die britischen Einheiten. Dabei nutzen sie angeblich zivile Einrichtungen zu ihrem Schutz. Erstmals bombardierten US-Kampfflugzeuge Wohnhäuser im Zentrum von Basra, in denen sie irakische Stellungen vermuteten. Für eine erhoffte friedliche Übergabe der strategisch wichtigen Stadt gibt es keine Anzeichen. Ein Aufstand der gegenüber dem irakischen Diktator Saddam Hussein feindlich eingestellten Schiiten in der Stadt käme den Alliierten zu Hilfe. Sie hatten von Anfang an auf Widerstandsbewegungen gehofft. Die Schiiten hatten sich schon nach dem ersten Golfkrieg 1991 gegen Hussein erhoben, waren aber von USA nicht unterstützt worden. Ein Sprecher der schiitischen Opposition in Teheran bestätigte gestern nur einige Zwischenfälle, nicht aber den Ausbruch eines Aufstandes. Der britische Verteidigungsminister Geoff Hoon sagte dem Radiosender BBC: "Natürlich gab es Unruhen in der Bevölkerung, die sich gegen das Regime auflehnte." Unklar sei, ob sie noch andauerten. Ein Korrespondent des in Katar ansässigen Senders Al Dschasira, sagte gestern dagegen, die Straßen von Basra seien sehr ruhig, und es gebe keine Anzeichen von Gewalt oder Unruhen. Der Sender hat als einer von wenigen noch einen eigenen Korrespondenten in der Stadt. Für die irakische Regierung ist "die Lage stabil". Die etwa 1,3 Millionen Einwohner Basras steuern unterdessen auf eine humanitäre Katastrophe zu. Seit britischen Bombenangriffen am Freitag gibt es keine Strom- und Wasserversorgung mehr. Es droht der Ausbruch von Cholera. Das UNO-Kinderhilfswerk Unicef schätzt, dass vor allem 100 000 Kinder unter fünf Jahren lebensgefährlich bedroht sind. Gestern begann die britische Armee mit Hilfslieferungen. Ein Konvoi mit rund 40 Fahrzeugen war mit Tagesrationen an Wasser und Lebensmitteln für 60 000 Menschen unterwegs, wie ein afp-Reporter berichtete.