In unserer Serie stellen wir Unternehmen in Stormarn vor. Abendblatt-Reporterin Lena Thiele hat den Maschinenhersteller Amandus Kahl in Reinbek besucht.

Jeden Montag gibt es bei Amandus Kahl in Reinbek frische Blumen - auf jedem Schreibtisch. Als Geschäftsführer Jan Behrmann von dieser langjährigen Tradition erzählt, muss er schmunzeln. Aber solche Kleinigkeiten sind ihm wichtig in der Firma, die er gemeinsam mit seinem Bruder Joachim Behrmann 1976 vom Vater übernommen hat. "Unsere Mitarbeiter sollen sich bei uns wohlfühlen", sagt er. Das funktioniert offenbar. "Viele halten uns lange die Treue."

Dazu passt die langfristige Orientierung der Firma. Ein stetiges, aber langsames Wachstum sei das Ziel, sagt Jan Behrmann. "Wir probieren zwar viel aus, sind aber auf unterschiedlichen Märkten in der ganzen Welt tätig und können so das Risiko verteilen", sagt der Chef. "Wagnis mit Augenmaß" nennt er das. Amandus Kahl entwickelt und baut unter anderem Maschinen, mit denen verschiedene Materialien zu gepressten Pellets verarbeitet werden. "Sehr gut laufen zurzeit die Maschinen zur Herstellung von Holzpellets", sagt Behrmann.

Sich auf dem Erfolg auszuruhen, käme ihm aber nicht in den Sinn: "Es gibt schon wieder viele interessante Projekte." Investitionen in Maschinen und die Aufstockung eines Bürogebäudes seien geplant. Aber vor allem solle weiter in die Ausbildung investiert werden. Schon jetzt sind zehn Prozent der Belegschaft Lehrlinge. "Wir möchten, dass die jungen Leute bei uns bleiben", sagt Behrmann.

Einer, der sich für den Reinbeker Familienbetrieb entschieden hat, ist Milan Verrel. Der 26 Jahre alte Müller hat Anfang August bei Amandus Kahl angefangen und sagt schon jetzt: "Mir gefällt es super hier." Im Technikum ist er mit für die Entwicklung von Maschinen zuständig. Das Team probiert für unterschiedlichste Kunden aus, mit welchen Maschinen welche Materialien verarbeitet werden können. An einem rüttelnden Tisch springen Getreidekörner hin und her. "Hier am Tisch-Ausleser testen wir zum Beispiel, wie Körner am besten getrennt werden können." Die neuen Aufgaben gefallen dem Müller. "Jetzt kann ich die Maschinen endlich selbst verbessern, nicht nur bedienen."

Leiter des Technikums ist Wolf-Carsten Wohlers. 1985 trat er in die Fußstapfen seines Vaters, der 30 Jahre bei Amandus Kahl gearbeitet hat, und machte eine Lehre als Maschinenschlosser. Fürs Studium verließ er die Firma, doch vor neun Jahren kehrte er zurück. "Ich habe hier jeden Tag neue Aufgaben, habe mit unheimlich vielen Kunden, Produkten und Maschinen zu tun", sagt der 42-Jährige. Und auch sein Arbeitsort ändert sich immer wieder. Um Anlangen in Betrieb zu nehmen oder bei Störungen zu helfen, ist der Verfahrenstechniker unter anderem nach Brasilien, Korea, Malaysia, China und Südafrika gereist.

Wenn er nicht unterwegs ist, guckt er immer wieder in seinen Musterraum - ein kleines Lager mit vielen durchsichtigen Kunststoffdosen auf deckenhohen Regalen. Wohlers geht mit einer ausholenden Armbewegung an der Regalwand vorbei. "Hier lagern etwa 1000 verschiedene Muster", sagt er und greift eine Dose heraus. "Raten Sie mal, was das hier ist!" Der Behälter ist mit vielen kleinen, gräulichen Pellets gefüllt. Wohlers lächelt: "Geldscheine!" Genauer gesagt: die Schnipsel, die bei der Herstellung als Abfälle übrig bleiben. Zusammengepresst zu Pellets können sie verbrannt werden. Ginge das nicht auch in Schnipselform? "Die Pellets haben mehrere Vorteile", sagt Wohlers. "Sie können zum Beispiel besser transportiert und dosiert werden."

Eine andere Dose enthält winzige weiße Krümel - eine Vorbereitungsform für die Herstellung von Arzneitabletten. Mit einem Durchmesser von 0,8 Millimeter sind die Granulat-Krümel die kleinsten Kugeln im Musterraum. Das größte Pellet, ein zylinderförmiger Klotz, misst acht Zentimeter im Durchmesser und füllt eine ganze Dose. "Das ist eine Mischung aus Paraffin und Holz - zum Heizen im Kamin", sagt Wohlers. Neben Hunde- und Pferdefutter lagern in dem Musterraum auch bunte japanische Flaschenetiketten, Holz und Altreifen - alles jeweils zerkleinert und zusammengepresst. "Mit dem Reifen-Granulat können zum Beispiel Gummimatten, die auf Spielplätzen unter Schaukeln liegen, oder Tartanbahnen für Sportplätze hergestellt werden", sagt der Experte.

Auch Bernd Ottlingers Arbeit hat manchmal mit Sport zu tun. Zweimal im Jahr organisiert der Leiter der Vertriebsabteilung ein Fußballturnier für die Mitarbeiter. In seinem Büro sitzt der 47-Jährige auch mal auf einem den Rücken schonenden, blauen Gymnastikball. Und seit neun Jahren betreut der leidenschaftliche Rennradfahrer die Mitarbeiterteams von Amandus Kahl, bestehend aus etwa 20 Kollegen, die bei den Hamburger Cyclassics antreten.

"Die Ergebnisse sehen schon ganz gut aus", sagt er und holt ein blau-weißes Trikot, entworfen vom Werbedesigner der Firma, aus dem Schrank. Ein Schriftzug weist den Träger als Mitglied des Teams "Kahl-Express" aus. Jedes Jahr gibt es neue Trikots für die Teams. "Ich bemühe mich, gesund zu leben", sagt der Nichtraucher Ottlinger - im Berufsalltag habe er allerdings viel mit der Zucker- und der Tabakindustrie zu tun. Seit 1982 ist der Wirtschaftsingenieur bei Amandus Kahl, als Erster lernte er dort im dualen Studium. Noch immer gefällt ihm seine Arbeit: "Die Firma ist überschaubar, hier bin ich nicht nur ein Zahnrädchen im großen Getriebe, sondern begreife die gesamten Abläufe." In all den Jahren sei es nie langweilig geworden, sagt Ottlinger. "Da dreht man sich einmal um - und ist plötzlich 27 Jahre hier!"

Man müsse immer beides sehen, die Vergangenheit und die Zukunft, sagt Jan Behrmann. Erfahrene und junge Leute arbeiten zusammen, und viele von ihnen vertreten die Firma in der ganzen Welt, zum Beispiel auf Messen. "Sprachen sind ganz wichtig", betont Behrmann. In der Firma gebe es viele Beschäftigte, die zum Beispiel Spanisch, Italienisch, Portugiesisch oder Holländisch, aber auch Farsi, Hocharabisch oder Russisch beherrschen. Um sie alle zu halten, sollten auch die Kleinigkeiten, wie die Blumen auf den Schreibtischen, stimmen. Jedes Jahr zu Nikolaus gibt es zudem ein kleines Weihnachtsgeschenk für alle Mitarbeiter, das von den Mitgliedern der Geschäftsleitung persönlich übergeben wird.

Natürlich müsse auch bei Amandus Kahl an manchen Dingen gespart werden, sagt Jan Behrmann. "Früher gab es zu den wöchentlichen Blumen auf dem Schreibtisch auch einen Sozialapfel - den verteilen wir heute nur noch in der Apfelsaison."