In unserer neuen Serie “Meine Firma“ stellen wir Stormarner Unternehmen vor - dieses Mal RAKO Etiketten in Witzhave.

Obwohl in der Dorfschule von Witzhave seit 1967 kein Unterricht mehr stattfindet, sind die ehemaligen Schulräume und Anbauten mit mindestens 600 Personen gefüllt. Und es wird immer noch ausgebildet und geschult: 25 Auszubildende und diverse Wirtschaftsingenieure, aber alle zweckgebunden für den Bereich Druck und Werbung. Die Lehrer sind weiter gezogen.

Seit 1969 befindet sich in den Räumen der Schule die Firma RAKO Etiketten GmbH & Co. KG und weitere Schwesterunternehmen. Dort werden mehr als 100 Milliarden Haftetiketten für Kosmetik, Lebensmittel und Öl gefertigt - eigentlich für alles, was sich bekleben lässt. Am Anfang waren es 15 Mitarbeiter - heute sind es mehr als 600, die auf der rund 20 000 Quadratmeter großen Produktionsfläche tätig sind.

Die ehemaligen Schulräume sind mit Blechschildern dekoriert, Pflanzen wuchern in dem Großraumbüro unter dem Dach, das sich Firmengründer und Vogelliebhaber Ralph Koopmann mit den Vertriebsmitarbeitern und seinen Mocambikzeisigen teilt. Für die munteren, kleinen Vögel ist der Dachstuhl eine Voliere: Tirillierend fliegen sie von Balken zu Balken. Sie brüten auch und ziehen im Dachstuhl ihren Nachwuchs groß. Eigentlich ist alles so wie in einer großen Familie, ganz naturnah und fast ohne Türen.

Die Atmosphäre ist hell und freundlich, auch in den Produktionshallen, in denen die Druckmaschinen auf Hochtouren laufen. "Das Betriebsklima ist prima", sagt Matthias Polezyk. Der 22-jährige Wentorfer ist im zweiten Ausbildungsjahr, lernt Druckmaschinengehilfe. Dann will er studieren. "Druckmaschinentechnologie oder Wirtschaftsingenieur", sagt er und wirft einen kritischen Blick auf die Strichcodes, die über die Flexo-Druckmaschine laufen. Wer weiß - vielleicht, kehrt er später einmal in den Betrieb zurück und macht Karriere. So wie Vertriebsleiter Sven Svenson. Vor zwölf Jahren hatte er eine Initiativbewerbung losgeschickt, wollte als Kundenberater arbeiten. Sein Vorstellungsgespräch wird er nie vergessen. Ralph Koopmann hatte ihn zu sich nach Hause eingeladen. Und so saß Svenson an einem Sonntagnachmittag auf dem Sofa im Hamburger Eigenheim seines künftigen Arbeitsgebers, trank Kaffee und aß Kuchen, genoss die uneingeschränkte Aufmerksamkeit von Hund Zita. "Als er mir auf den Schoß sprang, war ich eingestellt", sagt Svenson und lacht.

Auch den "Durchlauftag" bestand er. Der ist Pflicht für jeden potenziellen Bewerber, der so schon mal sein künftiges Arbeitsfeld und die Kollegen kennenlernen soll. Und umgekehrt die Kollegen den Neuen. Ihre Meinung ist dem Firmenchef wichtig. Koopmann sagt: "RAKO gehört heute mit 22 Firmen zu den größten Haftetiketten-Herstellern in Europa. Das schafft man nicht allein, sondern nur mit einer Top-Mannschaft."

Die meisten Mitarbeiter, ob in der Technik, für den Druckbereich oder im Büro, haben bei RAKO gelernt oder studiert. "Hier hat jeder die Chance, klein anzufangen und groß raus zu kommen", sagt Sven Svenson. Vollblutunternehmer Ralph Koopmann drückt das so aus: "Wenn man jung einsteigt, hat man es leichter mit der Anpassung an den Stil der Firma." Niedrige Hierarchien, frühe Verantwortung, das kennzeichne diesen Stil, sagt Rainer Bufe, seit 38 Jahren im Betrieb und damals der erste Mitarbeiter, der vom Drucken etwas verstand. Er ist technischer Leiter und sagt: "Unser Hauptabsatzgebiet sind die Kosmetikflaschen, -tiegel und -tuben. Alles wird mit aufwendigen Haftetiketten dekoriert, um den Wert des Produktes kenntlich zu machen. Das Haftetikett ist das Gesicht des Produktes."

Und wenn man täglich in der Firma ist, lernt man dort manchmal sogar auch seine Frau kennen. Rainer Bufe, der auch als Veranstaltungsmanager agiert, die Weihnachtsfeiern und Mitarbeiter-Aktionen wie "Das schönste Urlaubsfoto" organisiert, heiratete die Diplom-Grafikerin Christina. Auch Sven Svenson sollte die neue Mitarbeiterin Miriam nur einarbeiten. Er nahm seine Arbeit sehr genau - heute ist sie seine Frau.

Auch die Grafik-Abteilung arbeitet in Witzhave. 30 Mitarbeiter sind hier beschäftigt. Abteilungsleiter Stefan Ungerath ist seit 1992 im Betrieb. "Damals gab es noch die Handmontage", sagt der 47-Jährige. Heute wird an modernen Apple Mac-Stationen gearbeitet. Ungerath: "Wir passen uns den Wünschen unserer Kunden an." Zum Kundenkreis gehören große Markenartikler wie Unilever, der RAKO als Hausdruckerei verpflichtet hat. "Wir müssen selber sehen, wann Etiketten gebraucht werden", sagt Sven Svenson. Entscheidend sei die Zuverlässigkeit der Lieferung. Unvorstellbar, wenn Haftetiketten für eine Body-Lotion nicht rechtzeitig geliefert würden, oder Lidl auf seine Wurstverpackungen warten müsste.

Kundenbetreuerin für den Food-Bereich ist Stefanie Kasper, vom Chef kollegial "Steffel" genannt. Vor neun Jahren wurde sie als Assistentin der Geschäftsleitung eingestellt. Dann wechselte sie in die Kundenbetreuung. "Das ist mein "Ding". Hier fühle ich mich wohl", sagt sie.

Ein weiterer Geschäftsbereich ist die Prägung von Hologrammen gegen Fälschungen. Zur sicheren Prüfung, ob es sich um Original-Mode, Taschen oder Auto-Ersatzteile handelt, wünscht sich der Zoll zur schnellen Prüfung sichtbar angebrachte Hologramme. "Schließlich wird versucht, für 35 Milliarden Euro Plagiate nach Deutschland zu schmuggeln", sagt der Firmengründer. Aber es wird nicht nur gefälscht. Für zirka fünf Milliarden Euro wird auch in den Läden und Kaufhäusern gestohlen. RAKO Security Label liefert Diebstahlsicherungs-Etiketten und die Anlagen an Ausgängen.

"Es gibt nichts, was wir nicht können" - mit diesem Anspruch sei sie bei RAKO "groß geworden", sagt Christina Bufe. Stillstand gebe es nicht. Das neue Projekt mit großen Zukunftschancen: Die RFID-Systeme, wobei RFID für Radio Frequency Identification steht. Diese Funketiketten sind eine Weiterentwicklung des Strichcodes und dienen nicht nur zum Schutz vor Fälschungen, sondern werden auch eingesetzt, um Warenströme zu überwachen und zu steuern. Sie werden in Witzhave produziert. "Die Antenne ätzen wir bei unserer Tochtergesellschaft in China, der Chip kommt von Philips", sagt Rainer Bufe. "Wir sind Branchenvorreiter."

In der nächsten Folgen stellen wir am kommende Donnerstag die Ahrensburger Firma Edding vor. Alle bisherigen Folgen finden Sie im Internet unter www.abendlatt.de/stormarn