Union lehnt Scholz-Konzept ab. Lösung vermutlich erst nach der Bundestagswahl, weil die Regierung bis 2010 Zeit hat. Experten befürchten jedoch, dass es jetzt mehrere Bescheide für Hartz IV gibt.

Berlin. Die vom Verfassungsgericht geforderte Reform der Jobcenter ist für diese Legislaturperiode gescheitert. Die Spitze der Unionsfraktion lehnt das von Sozialminister Olaf Scholz (SPD) ausgearbeitete Konzept mit großer Mehrheit ab, wie Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen mitteilte.

Die Union wolle die Reform, die nach Vorgaben des Verfassungsgerichts bis Ende 2010 abgeschlossen sein muss, erst nach der Bundestagswahl im Herbst in Angriff nehmen, sagte Röttgen.

Scholz hatte sein Konzept in langwierigen Verhandlungen bereits mit den Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) und Jürgen Rüttgers (CDU) abgestimmt, die im Auftrag der Länder verhandelten. Nach eigener Darstellung hatte Scholz auch die Rückendeckung von Bundeskanzlerin Angela Merkel für seinen Reformansatz.

Die Lösung sah eine Grundgesetzänderung vor, um aus den für die Betreuung von Langzeitarbeitslosen zuständigen Jobcentern eigene Körperschaften öffentlichen Rechts zu machen. Bislang arbeiten unter dem Dach der Jobcenter die Arbeitsagenturen und die Kommunen zusammen. Das Verfassungsgericht hatte dies als unzulässige Mischverwaltung gerügt.

Röttgen nannte als Gründe für die Ablehnung der Fraktionsspitze, Scholz’ Entwurf sei eindeutig verfassungswidrig. Die Bürokratie würde damit in beispielloser Weise ausgeweitet. Auf einen Schlag würden 370 neue Behörden gegründet. "Die Praktiker, die mit diesem Vorschlag beglückt werden sollen, lehnen ihn durchweg ab, zumal sie zugunsten der Landesministerien und des Bundesministers auf diese Weise entmachtet werden sollen", sagte der CDU-Politiker. Auch würde die Arbeitsverwaltung auf diese Weise politisiert.

"Wir sehen Olaf Scholz in der glasklaren Pflicht, das Funktionieren der Arbeitsverwaltung nach dem bisherigen Modell zu gewährleisten", sagte Röttgen. "Seine Aufgabe ist nicht, die Arbeit zu torpedieren und zu drohen."

Ein Knackpunkt zwischen den Koalitionspartnern waren die 69 sogenannten Optionskommunen, die die Betreuung der Langzeitarbeitslosen selbst organisieren. Die Union wollte die Zahl gerne aufstocken, Scholz den Status quo festschreiben.

Was sich für die Arbeitslosen nun ändert, ist nicht ganz klar. Aus Sicht der Union könnte nun wieder ein Modell auf den Tisch kommen, das Scholz ursprünglich einmal ins Gespräch gebracht hatte: das "kooperative Jobcenter". Damit könnten Kommunen und Arbeitsagenturen weiter unter einem Dach, aber organisatorisch getrennt arbeiten. Für die Bürger hätte dies den Nachteil, dass eben nicht nur ein Bescheid über Arbeitslosengeld II und Wohngeld oder andere Leistungen erteilt würde, sondern mehrere.