Rücktritt - Der Missbrauch von Bonusmeilen bringt jetzt auch den Berliner Wirtschaftssenator zu Fall. Trittin wehrt sich gegen alle Vorwürfe.

Berlin. Die Bonusmeilen-Affäre hat ihr prominentestes Opfer gefunden. Gestern Abend trat der Berliner Wirtschaftssenator Gregor Gysi (PDS) überraschend zurück und stürzte die rot-rote Landesregierung der Hauptstadt unversehends in eine Krise. Bei der PDS herrschte sofort Alarmstimmung, denn sie muss nun auch auf ihr Zugpferd im Wahlkampf verzichten und bangt um den Wiedereinzug in den Bundestag. Gysi erklärte nicht nur seinen Rücktritt als Senator und Bürgermeister von Berlin, sondern legte auch sein Abgeordnetenmandat nieder. Als Begründung für diesen Schritt nannte er die private Nutzung von Bonusmeilen, die er mit dienstlichen Flügen in seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter erworben hatte. So hatte er Bonusmeilen für innerdeutsche Freiflüge seiner Frau und seiner Tochter sowie für einen Flug nach Kuba genutzt. "Ich habe einen Fehler begangen, den ich mir nicht verzeihen will", sagte Gysi gestern Abend. Der Vorfall zeige, dass er begonnen habe, "Privilegien als Selbstverständlichkeit hinzunehmen". "Ich fürchte mich vor meinen eigenen Persönlichkeitsveränderungen", fügte Gysi hinzu. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) bedauerte den Rücktritt seines Stellvertreters. Er brach seinen Urlaub ab und beraumte für heute um 15 Uhr eine Sondersitzung des Senats an. Weniger freundlich gingen andere Berliner Sozialdemokraten mit dem Wirtschaftssenator um. SPD-Landeschef und Stadtentwicklungssenator Peter Strieder vermutete denn auch einen anderen Hintergrund. Der Rücktritt sei rein persönlich und nicht politisch motiviert. Er habe auch ein wenig mit Scheu vor der Verantwortung zu tun. "Er wollte sich nicht den Mühen der Ebene unterziehen bei seiner Arbeit als Senator", sagte Strieder dem InfoRadio Berlin. Die Bonusmeilen-Affäre sei denn auch mehr Auslöser als Ursache, vermuten viele Politiker in Berlin. SPD-Fraktionschef Michael Müller sagte: "Wir halten die private Nutzung von dienstlich erworbenen Bonusmeilen für keinen Rücktrittsgrund." Die PDS-Vorsitzende Gaby Zimmer nannte den Rücktritt ihres Parteifreundes "überzogen". Sie sagte, Gysi werde der Partei im Wahlkampf fehlen. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne), der laut "Bild" ebenfalls dienstliche Bonusmeilen privat genutzt haben soll, wies diese Vorwürfe gestern noch einmal vehement zurück wie übrigens auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Günther Nooke. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hat der Lufthansa bis heute 14 Uhr Zeit gegeben, eine Liste zu übermitteln, auf der die Bonusmeilen aller Abgeordneten verzeichnet sind. Weitere Berichte und Kommentar Seite 2