Kaum zu glauben: Guido Westerwelle, der einstmals stets für eine Albernheit gute FDP-Chef mit der 18 auf der Schuhsohle, der von Edmund Stoiber zum...

Kaum zu glauben: Guido Westerwelle, der einstmals stets für eine Albernheit gute FDP-Chef mit der 18 auf der Schuhsohle, der von Edmund Stoiber zum "Leichtmatrosen" degradierte Jurist und Freizeit-Reiter aus Bonn ist der große Wahlgewinner von Hessen. Zwar ist das Comeback des zwischenzeitlich fast politisch toten Roland Koch die Nachricht des Tages, weit über den Tag hinaus weist aber die Guidoisierung Deutschlands, die gestern Abend begonnen hat.

Westerwelles Liberale regieren nun in den fünf bevölkerungsreichsten Bundesländern mit. 55 Millionen Bürger - weit mehr als die Hälfte der Deutschen - haben in Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen schwarz-gelbe Koalitionen beauftragt, die Dinge zum Besseren zu wenden. Wäre nächsten Sonntag schon Bundestagswahl, würden den jüngsten Umfragen zufolge Angela Merkel und Guido Westerwelle die Regierung bilden.

Das ist in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit ein starker Hinweis darauf, dass die Wähler auf Vernunft und nicht auf leidenschaftliche, aber nicht bezahlbare und damit leere Versprechungen setzen. Sie vertrauen denen, die ihnen etwas zutrauen - in jedem Fall mehr als dem Staat. Dafür steht Westerwelle in der Regierungszeit einer sozialdemokratisierten Unions-Kanzlerin wie kein Zweiter.

Die liberale Idee, die zum Leidwesen von Generationen von Wahlkämpfern eher den Kopf als das Herz anspricht, erscheint nach vier Jahren großkoalitionärem Klein-Klein und mitten in einer Finanz- und Wirtschaftskrise offenbar immer mehr Menschen als Ausweg. Das ist Westerwelles Verdienst. Er hat das Luftikus-Image abgestreift und den schlechten Ruf der Besserverdienenden-Partei überwunden.

Die gewandelten Liberalen und ihr Chef stehen so stark da wie lange nicht mehr. Im Bundesrat können sie nach dem gestrigen Sieg das Konjunkturpaket stoppen. Wie sie mit dieser Verantwortung umgehen, ist die eigentliche Reifeprüfung. Es geht darum, Verbesserungen durchzusetzen, ohne als Blockierer dazustehen, es geht um Westerwelles Regierungsfähigkeit. Kürzlich antwortete der FDP-Chef in einer Talkshow auf die Frage, ob er das nächste Mal als Außenminister wiederkomme: "Mir gefällt die Art, wie Sie denken." Dabei wirkte Westerwelle nicht mehr wie das Männchen aus dem Guidomobil, es sprach auf einmal der Herr Dr. Westerwelle.