Die Stimmung im Willy-Brandt-Haus ist gespenstisch. Selbst als die Hochrechnungen bestätigen, dass die SPD in Hessen rund 13 Prozentpunkte verloren...

Berlin. Die Stimmung im Willy-Brandt-Haus ist gespenstisch. Selbst als die Hochrechnungen bestätigen, dass die SPD in Hessen rund 13 Prozentpunkte verloren hat, reagieren ihre Anhänger nicht: "Das war doch zu erwarten", sagt eine langjährige Genossin. Sie sei nur zum "gemeinsamen Weinen" gekommen. Dazu haben die Sozialdemokraten auch allen Grund: Sie haben ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren. Nur zweimal brandet Applaus auf: als das Fernsehen überträgt, wie Andrea Ypsilanti ihre Ämter niederlegt und Thorsten Schäfer-Gümbel als ihren Nachfolger vorschlägt. Und als Parteichef Franz Müntefering versucht, der SPD Mut zu machen. Es sei ein schwerer Abend, "aber keiner, der uns mutlos macht".

Münteferings Deutung der Zahlen aus Hessen: Es sei eine "Denkzettelwahl" gewesen. Man solle sie als Nachklapp des Jahres 2008 abhaken: "Das war ein Schaltjahr, die dauern immer etwas länger." Doch das Gelächter kann nur kurz überdecken, wie resigniert viele der Sozialdemokraten sind. Sie wissen, dass nicht allein die geringe Wahlbeteiligung Schuld an den schlechten Zahlen ist. So schnell wird keiner Andrea Ypsilantis Wortbruch in Sachen Zusammenarbeit mit der Linkspartei vergessen.

Mit erkälteter Stimme mahnt der Parteivorsitzende, Roland Koch habe sich im vergangenen Jahr nicht geändert: "Er ist nicht schöner geworden!" Im Bund seien angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise sozialdemokratische Vorstellungen wichtiger denn je. Niemand dürfe vergessen, dass Union und FDP 2005 mit Forderungen nach Wettbewerb ohne Regeln und Einschnitten beim Kündigungsschutz für sich warben. Für die Bundestagswahl werde sich die SPD neu aufstellen, um Schwarz-Gelb zu verhindern. Müntefering gib sich optimistisch: "Der Westerwelle wird auch wieder kleiner werden."

Das abschließende "Glück auf" kann nicht verhehlen, dass die Genossen sich auf schwierige Zeiten einstellen müssen. "Das war ein Fehlstart", urteilt der Parteienforscher Karl Rudolf Korte von der Uni Duisburg-Essen. "Die Partei kommt nicht auf die Beine." Für ihn ist klar: "Sie braucht eine neue Strategie, wie sie aus sich selbst heraus mit eigenem Identitätskern Wähler motivieren und mobilisieren will.