“Israel soll ein Land sein, in dem das Leben Spaß macht.“ Mit diesen Worten hatte Ehud Olmert nach dem Hirnschlag seines Vorgängers Ariel Scharon den Wahlkampf betrieben und gesiegt.

Jerusalem. Die politische Landschaft wirkte rosig. Die schreckliche Intifada der Palästinenser mit täglichen Selbstmordattentaten schien vorüber. Der Sperrwall hielt mehr oder weniger, was die Israelis sich davon versprachen. Störend waren die von Gaza aus abgefeuerten Kassam-Raketen, doch die waren schlecht gezielt und richteten kaum Schaden an.

Entlang der Grenze zu Libanon herrschte seit Israels Rückzug aus Südlibanon im Mai 2000 Ruhe, wenngleich eine angespannte. Alle paar Monate kam es zu Zwischenfällen, die aber ebensoschnell endeten, wie sie ausbrachen. So konnte sich der israelische Premier Olmert ganz auf den von Scharon eingeleiteten Rückzug aus den besetzten Gebieten konzentrieren. Das Ziel der Israelis war es, befreit von störenden Palästinensern hinter sicheren Grenzen ein normales Leben zu führen.

Doch innerhalb weniger Tage platzten diese Träume. Hamas-Kämpfer im Gaza-Streifen hatten in wochenlanger Arbeit einen Tunnel unter dem Grenzzaun durchgegraben, eine Militärstellung auf israelischem Boden angegriffen und einen Soldaten entführt. Die schon eine Woche zuvor geplante israelische Invasion in den Gazastreifen mit dem Ziel, den Raketenbeschuß zu stoppen, begann augenblicklich.

Und während diese "Operation Sommerregen" im Gaza-Streifen lief, wurden die Israelis an ihrer Nordflanke von der Hisbollah mit einem ebenfalls akribisch vorbereiteten Angriff überrascht. Entlang der Grenze war alles so ruhig gewesen, daß Israel die Alarmstufe herabgesetzt und bei den Grenzpatrouillen statt Panzern nun Humvee-Jeeps verwendet hatte. Teilweise fuhren sie nur einen Steinwurf von Hisbollah-Stellungen jenseits des Stacheldrahts entfernt. Die Hisbollah nutzte das aus und griff die Jeeps in einem nicht mit elektronischen Kameras gesicherten Grenzgebiet an. Die israelische Armee benötigte über eine Stunde, um auf die Verschleppung zu reagieren - viel zu lange, um sich den Entführern auf die Fersen zu setzen.

Dieser zweite Rückschlag binnen zwei Wochen löste bei Israels noch unerfahrenen Ministern die gegenwärtige, harte Reaktion aus. Der vom Gewerkschaftsführer zum Verteidigungsminister mutierte Amir Peretz, eigentlich ein Populist linker Sozialpolitik, übte sich als Befehlshaber der Armee. Auch Olmert hat keine Militärkarriere hinter sich.

Der Beschluß, auf die Attacken der Hamas und der Hisbollah mit militärischer Härte zu antworten, ist letztlich das Ergebnis einer politischen Einschätzung. Für die Ausführung sorgen die Militärs. Die haben in ihren Schubladen Angriffspläne für jede denkbare Lage parat, die sie den Politikern vorlegen können. So wurde die Operation "Angemessener Preis" befohlen. Ob die Politik der Militärschläge die gewünschten Erfolge bringen wird, wagt in Israel noch niemand vorauszusagen.