Handelt es sich um einen Verteidigungskrieg Israels?

Keine Regierung kann zulassen, dass die eigene Bevölkerung ohne Gegenwehr Tag und Nacht Tod und Bedrohung ausgesetzt ist. Israel handelt, rechtlich gedeckt durch Artikel 51 der Charta der Uno, in Notwehr.

Welche Ziele verfolgt die Hamas?

Wer den Wolf nicht töten könne, solle ihn auch nicht am Schwanz ziehen, schrieb die ägyptische Zeitung "al-Ahram" zum Verhalten der Hamas. Die Analogie ist deutlich: Mit ihrem andauernden Raketenbeschuss israelischer Städte hatte die Hamas die Geduld des israelischen Wolfs falsch eingeschätzt. In der Hamas hatte man wohl eher gehofft, den Druck erhöhen zu können, um den Mitte Dezember ausgelaufenen Waffenstillstand zu besseren Bedingungen zu erneuern. Nun will die Hamas der überlegenen Armee bei der Bodenoffensive heftige Verluste beibringen, um sich zum Sieger zu stilisieren und so ihr Versagen als Ordnungsmacht in Gaza vergessen zu machen. International geht es der Hamas darum, die Friedensverhandlungen Israels mit Syrien zu stoppen.

Ist der Krieg der Bilder zu gewinnen?

Wahrscheinlich nicht für Israel. Hamas will mit Bildern toter Kinder und Frauen beweisen, Israel führe Krieg gegen die Zivilbevölkerung. Deshalb richtet sie Depots und Feuerstellungen in Wohnhäusern, Schulen, Kliniken, ja sogar Moscheen ein. Um zivile Opfer zu vermeiden, warnt Israels Luftwaffe per SMS oder Flugblatt die Bevölkerung vor Angriffen.

Warum reagiert die arabische Welt so verhalten?

Die Zerstrittenheit der Palästinenser untereinander gehört zu den Gründen, warum die Regierungen in Ägypten, Jordanien und Saudi-Arabien in ihren Erklärungen zu den israelischen Luftangriffen zunächst sehr zurückhaltend reagierten. Als sie aber fürchteten, der Zorn der arabischen Straße würde außer Kontrolle geraten, wurden die öffentlichen Erklärungen und die Kritik an Israel schärfer.

Warum ist Gaza ein gescheiterter Staat?

Die Frage ist, warum sich die Lebensbedingungen in Gaza nicht verbessert haben in den vergangenen zwei Jahren. Nach dem vollständigen Abzug der Israelis im August 2005 hatte die Koalition, die anfangs noch Hamas und Fatah verband, jede Chance, mit Hilfsgeldern aus aller Welt einen arabischen Musterstaat aufzubauen. Stattdessen wurde die Fatah des früheren Führers Arafat ausgeschaltet, ein Schreckensregime errichtet, der Kampf bis zur Vernichtung gegen Israel erklärt. Mit der Machtergreifung der Hamas im Sommer 2007 verhängte Israel eine Warenblockade. Die Tunnelverbindungen an der Grenze zu Ägypten erlaubten Schmuggel von Waffen, Nahrung und Medikamenten. Elektrizität und Wasser lieferte Israel, wie auch gegenwärtig weiterhin eine humanitäre Notversorgung. Es war Israels Außenminister Aba Eban, der einmal sagte, die Palästinenser verfehlten selten eine Chance, eine Chance zu verfehlen.


Prof. em. Michael Stürmer ist einer der renommiertesten Zeithistoriker. Er leitete zehn Jahre lang das Institut für Internationale Politik und Sicherheit und hatte Gastprofessuren u. a. in Harvard, Toronto und Paris.