Seit vielen Jahren gibt es Kritik von Experten.

Washington. Die Worte von Fred Gregory, dem damaligen Direktor des NASA-Raumfahrtprogramms, klingen den Mitgliedern des Kongress-Ausschusses für Wissenschaft und Raumfahrt noch in den Ohren. "Wir werden niemals ein Shuttle in den Weltraum schicken, wenn er nicht sicher ist", hatte der Wissenschaftler im April 2002 während einer Anhörung in Washington erklärt. Gregory hatte damit bekräftigt, was nach der Challenger-Explosion 1986 zum Credo der bemannten US-Raumfahrt werden sollte: "Sicherheit wird in Zukunft immer mit weitem Abstand an der Spitze aller Überlegungen stehen." Parlamentarier und Raumfahrtexperten sahen in den Worten des NASA-Direktors jedoch wenig Substanz, die sein Versprechen untermauert hätte. So warnte der Vorsitzende des Weltraum-Sicherheitsrates, Richard Blomberg: "Ich bin niemals in den letzten 15 Jahren so besorgt um die Sicherheit des Space-Shuttles gewesen." Im März 2000 hatte eine unabhängige Untersuchungskommission geraten, "die Verkabelung in schwer zugänglichen Teilen der Columbia zu überprüfen und zu verbessern". Ein Problem, das laut NASA behoben wurde. Der Bericht beklagte, die Raumfahrtbehörde nutze "nicht die neuesten technischen Möglichkeiten", um "Haarrisse und andere altersbedingte strukturelle Probleme der Außenhaut des Shuttles zu inspizieren". Waren Fehler im Hitzeschild Schuld an der Katastrophe? Die Untersuchungskommission bemängelte damals: "Die NASA arbeitet nicht hart genug daran, unter den hitzebeständigen Kacheln Korrosion zu entdecken und zu beheben." Gregory entgegnete im April 2002: "Die Probleme sind nicht so ernst, und die Anzahl der Shuttle-Anomalien und Defekte nimmt stark ab." Wissenschaftler erklären seit Jahren, dass an allen Ecken und Enden gespart wird und man "gefährliche Kompromisse" machen muss. Die NASA hängt finanziell am Tropf. Das Budget wurde in den letzten zehn Jahren immer mehr reduziert, der Haushalt 2002 zu Gunsten des Pentagons um eine Milliarde Dollar gekürzt. Um zu sparen, hat die Regierung "outsourcing" betrieben - Aufträge also an private Firmen vergeben, die kostengünstiger arbeiten. Erst am Freitag vergangener Woche kritisierte der Haushaltsausschuss des Kongresses, dass die NASA diese privaten Firmen "schwach" und "sehr schlecht" manage und "wenig Wert auf die Qualität" lege. Nach Meinung von Loren Thompson, Analytikerin für die Verteidigungsindustrie des Lexington Institutes, einer militärischen Denkfabrik in Washington, wird das zivile Raumfahrtprogramm "seit vielen Jahren grob vernachlässigt": "Als Folge fliegen wir völlig veraltete Technologie". Wenngleich die NASA nach der Katastrophe betonte, das Alter des Shuttles sei "sicherlich nicht die Ursache" des Totalverlustes, steht Thompson keineswegs alleine mit ihrer Meinung, dass dieser Punkt eine wichtige, wenn nicht die entscheidende Rolle des Desasters gespielt haben könnte. John Pike, Raumfahrtsicherheitsexperte und NASA-Kritiker, sagte: "Die NASA war immer unrealistisch, wenn es um die Zuverlässigkeit der Shuttles ging; ich glaube, dass sie Zahlen schlichtweg erfunden haben." Pike bezieht sich auf eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, nach der die Chance eines katastrophalen Unfalles mit Todesfolge bei Shuttle-Flügen bei 1 zu 250 liege. Dass man in Houston weiß, dass vieles im Argen liegt, bestätigt Donna Shirley. Die ehemalige Chefin des NASA-Mars-Forschungs-Programms, die an der Uni in Oklahoma Raumfahrttechnik lehrt, erklärt: "Es ist bewundernswert, was Wissenschaftler gemacht haben, um das alte System so lange in der Luft zu halten. Aber es bleibt ein altes System und es war klar, dass irgendwann etwas schief laufen würde. Es grenzt an ein Wunder, dass es so lange dauerte."