Prof. Christian Nedeß , Direktor der Technischen Universität Harburg: "Ich habe das Ereignis auf dem kleinen Fernseher in meinem Auto vor der Hochschule verfolgt, der Empfang in meinem Büro war so schlecht. Um mich herum stand eine ganze Traube von Studenten. Wir sind hier auch durch Phasen der Verzweiflung, der Wut und der Trauer gegangen. Natürlich gibt es nach dem 11. September ein höheres Maß an Aufmerksamkeit an der Hochschule, zum Beispiel, wenn jemand - wie Atta es getan hat - seine Diplomarbeit mit einer Widmung aus dem Koran versieht. Bei ihm hieß das sinngemäß etwa: ,Mein Gebet, meine Opferung und mein Tod gehören Allah . . .' Seit dem 13. September 2001 gibt es hier auch keine Islam-AG mehr. Im Juni 1998 hatte es eine Anfrage gegeben, an der auch Atta beteiligt gewesen ist, einen Raum zum Beten zu bekommen. Das wurde abgelehnt. Ein halbes Jahr später startete die gleiche Anfrage an den AStA. Sie haben einen Raum bekommen, wo sie, wie es hieß, beten konnten. Aber es hatte im Vorfeld keine Hinweise gegeben. Eine Hochschule ist kein Sicherheitstrakt, sonst müsste man mit Bespitzelung arbeiten, was niemand will. Wir wissen nicht genau, wie viele Moslems überhaupt an dieser Hochschule studieren, weil die Religionszugehörigkeit nicht abgefragt wird. Es gibt aber zwischen allen Angehörigen dieser TU große Dialogbereitschaft. Wir sprechen auch über die Zusammenhänge, die dazu führen konnten, dass so etwas passiert ist. Dies allerdings zurzeit nicht im Rahmen offizieller Veranstaltungen. Insofern sind wir längst wieder in der Normalität zurück. Die Anmeldungen für die Universität haben sich nicht geändert. Sie steigen weiter. Das Entscheidende ist: Die Schlichtheit der Vorbereitung des ganzen Anschlags erinnert schon ein wenig an ,Biedermann und die Brandstifter' - im Gegensatz zu der Meinung, es sei eine logistische Meisterleistung gewesen. Heute wissen wir, dass die Planungsphase außerhalb des Studiums, nach 1999, begonnen hat, die operative Phase in den USA nach 2000. Vieles spricht dafür, dass man die Sicherheitsbehörden fragen muss, wen sie ins jeweilige Land lassen. Es ist allerdings zwingend notwendig, sich international auszutauschen. Deshalb ist die Atmosphäre offen, tolerant und friedfertig wie vorher auch. Leute, die so etwas ausnutzen, gibt es immer. Ein Restrisiko bleibt. Wenn moslemische Studenten uns heute fragen, wo sie denn beten können, empfehlen wir die Moschee an der Knoopstraße, weil wir wissen, dass da religiöse Toleranz gepredigt wird."