Karl-Friedrich Müller , Marketingchef Eurowings Luftverkehrs AG, Dortmund: "Der 11. September hat das Sicherheitsverhalten der gesamten Industrie verändert: Die Frage nach der Sicherheit im Luftverkehr ist völlig neu durchleuchtet worden. Dabei wurden Maßnahmen beschlossen, die zum Teil sehr gut, zum Teil unüberlegte Schnellschüsse waren. Auf Flügen nach Großbritannien dürfen Sie beispielsweise das Essen nicht mit Metallbesteck servieren, sondern nur mit Plastik. Reichlicher Unsinn: Ein zerbrochenes Plastikmesser ist schärfer als alles andere! Oder nehmen Sie den Fragenkatalog bei Flügen in die USA: Wer kreuzt schon an, dass er sein Gepäck nicht selbst gepackt hat? So etwas dient nicht der Wahrheitsfindung und wird unseres Wissens in Kürze abgeschafft. Es gab aber auch Beschlüsse, die längst überfällig waren: zum Beispiel den, das gesamte aufgegebene Reisegepäck zu durchleuchten. Früher wurden nur Stichproben gemacht. Ich verstehe auch, dass Rasierklingen zum gefährlichen Gut erklärt worden sind. So etwas ist sehr sinnvoll. Die zusätzlichen Aufgaben haben zu mehr Kosten bei den Flughäfen geführt, die wiederum an die Luftverkehrsgesellschaften weitergegeben wurden. Nach dem 11. September hatten viele Versicherer ihre Verträge aufgekündigt, zum Beispiel solche gegen ,Kriegsrisiko'. Das wollte niemand mehr versichern. Eine Zeit lang ist der Staat in die Bresche gesprungen; mittlerweile gibt es wieder Versicherungen, aber zu zehnmal höheren Beiträgen. Am Tag der Anschläge wurde mir bewusst: Das ist eine Kriegserklärung an die USA. Wir sind in eine neue Eskalationsstufe eingetreten, eine Dimension, die es bislang nur im Kino gab. Ich selbst fliege schon aus beruflichen Gründen sehr viel und muss mich mit dem Risiko auseinandersetzen. Die Al-Kaida- Aktion halte ich aber für ziemlich einmalig: Sie wird in dieser Form nicht mehr passieren, schon wegen der scharfen Kontrollen. Unmittelbar nach dem 11. September gab es viele Leute, die aus Angst aufs Fliegen verzichtet haben. Das ist inzwischen nicht mehr der Fall. Was wir allerdings bei den Kurzstrecken merken, ist die Wirtschaftskrise. Für die war der 11. September nur ein Katalysator."