Das Schiff fuhr mit gefährlicher Schwefelsäure rheinabwärts. Bei St. Goarshausen nahe der Loreley ist es gekentert - Ursache noch unbekannt.

St. Goarshausen. Ein Tankschiff mit gefährlicher Schwefelsäure an Bord ist auf dem Rhein nahe des Loreleyfelsens gekentert. Helfer suchten am Donnerstag bei St. Goarshausen fieberhaft nach zwei vermissten Besatzungsmitgliedern, die Hoffnung auf eine Rettung schwanden jedoch stündlich. Zwei weitere Bootsmänner konnten am frühen Morgen kurz nach der Havarie verletzt an Land gebracht werden. Nach Auskunft des Umweltministeriums in Mainz gelangte zunächst keine Schwefelsäure in den Fluss. Wegen des Hochwassers und der starken Strömung gestaltete sich der Einsatz von Polizei und Feuerwehr teils schwierig.

Das 110 Meter lange Tankmotorschiff lag auf der Backbordseite im Rhein, große Teile des Steuerhauses, der Wohnung und der Laderäume waren versunken. Die Einsatzkräfte vermuteten, dass sich zumindest ein Bootsmann noch im Schiff befinden könnte. Unter anderem suchten Boote und ein Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera nach den Vermissten. Ihre verletzten Kollegen wurden im Krankenhaus versorgt, es ging ihnen laut Polizei „den Umständen entsprechend gut“.

Wieso der mit rund 2400 Tonnen Schwefelsäure beladene Frachter verunglückte, war zunächst völlig unklar. „Das Schiff war normal in Fahrt und ist plötzlich vom Radarschirm verschwunden“, sagte der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Bingen, Martin Mauermann, in St. Goarshausen. „Es ist keine Beteiligung eines anderen Schiffes dabei gewesen.“ Der Rhein bleibe zunächst für die Schifffahrt gesperrt, bis der Frachter endgültig stabilisiert sei. „Bei der Bergung sind wir bei weitem noch nicht“, betonte Mauermann. Sichern sei nun das wichtigste. Nach den Plänen der Feuerwehr soll das Schiff an einem Ponton festgemacht werden.

Das deutsche Schiff hatte seine Fahrt bei der BASF in Ludwigshafen begonnen und war rheinabwärts ins belgische Antwerpen unterwegs. Unter den vier Besatzungsmitgliedern seien drei Deutsche und ein Tscheche, sagte Jörg Hitzelberger vom Wasserschutzpolizeiamt Rheinland-Pfalz in Mainz. Bei der Suche nach den Vermissten bereitete den Helfern unter anderem die Wassertemperatur im Rhein Sorge: Bei einer Lufttemperatur von etwa zwölf Grad ist das Wasser nach Angaben des Bingener Wasser- und Schifffahrtszentrums lediglich 4,1 Grad kalt.

Schwefelsäure zählt zu den aggressivsten Säuren und ist einer der wichtigsten Grundstoffe für die chemische Industrie. Sie wird beispielsweise zur Herstellung von Düngemitteln, Waschmitteln, Arzneimitteln und Sprengstoffen verwendet. Der Stoff sei weder brennbar noch explosiv und sehr leicht mit Wasser mischbar, sagte Gerd Holzhäuser von der Feuerwehr. „Hier käme uns der Hochwasserstand zugute.“ Nach den Worten einer BASF-Sprecherin wird die 96-prozentige Säure als schwach wassergefährdend eingestuft.

Sollte das Schiff auseinanderbrechen, wird es nach Auskunft des Chemikers Martin Keller von der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz problematisch. Denn wenn die gesamte Ladung auf einmal austrete, würde sich das Wasser sehr schnell und sehr stark erhitzen. „Das könnte dazu führen, dass der Rhein an dieser Stelle sogar kocht.“ (abendblatt.de/dpa)