Die Temperaturen in Deutschland steigen kräftig und damit auch die Pegel der Flüsse. Hochwasser droht so an Neckar, Mosel und Rhein.

Karlsruhe/Koblenz/Saarbrücken/Leipzig/Mainz. Die Schneeschmelze lässt am Freitag die Pegel der Flüsse in vielen Teilen Deutschlands kräftig ansteigen. Die Wassermengen der Flüsse im Südwesten sollen sich bis zum Nachmittag stark erhöhen, wie Werner Schulz, Hydrologe der baden-württembergischen Hochwasser-Vorhersage-Zentrale (HVZ) in Karlsruhe erklärte. Es sei mit "kräftigem Hochwasser“ zu rechnen. So soll der Pegel des Neckars bei Gundelsheim (Landkreis Heilbronn) bis zum Nachmittag von 3,70 Meter auf fünf Meter ansteigen. Ähnlich sah es auch bei Bad Mergentheim (Main-Tauber-Kreis) aus. Der Pegel der Tauber sollte hier im Laufe des Tages um 30 Zentimeter, auf rund 2,50 Meter klettern. Auch im Umfeld der beiden Flüsse Kocher und Jagst war Hochwasser zu erwarten.

Da es in Teilen Baden-Württembergs am Nachmittag regnen soll, könne dies die Hochwassersituation zusätzlich verschärfen, sagte Schulz. Erst im Laufe des Sonnabends sollen die Pegel wieder deutlich sinken.

Erste Überflutungen in Rheinland-Pfalz

Das Hochwasser hat in Rheinland-Pfalz zu ersten Überflutungen geführt. Betroffen waren unter anderem kleinere Flüsse wie etwa der Glan und der Kuselbach im Kreis Kusel. In den Orten Odenbach und Rammelsbach waren Straßen überflutet und liefen Keller voll. Dramatisch war die Lage aber zunächst nicht, auch wenn in dem Landkreis mehrere Straßen für den Verkehr gesperrt werden mussten sowie die Bahnstrecke Altenglan-Kusel nach einem Hangrutsch. Auch an der Mosel und am Rhein stiegen die Wasserstände weiter. Dort werden in den kommenden Tagen die Höchststände erwartet.

In Mainz könnte der Rhein am Montag nach Angaben des Meldezentrums auf über sechs Meter steigen. In Koblenz, wo die Mosel in den Rhein fließt, soll am Sonnabend die Marke von fünf Metern überschritten werden. Ein Ansteigen des Wassers in den Bereich von 7,50 bis 8 Meter am Montag sei „nicht auszuschließen“. Bei rund 7,20 Metern wird das Deutsche Eck überflutet, die Landzunge an der Moselmündung.

Auch an der Mosel gab es laut Hochwassermeldezentrum erste überflutete Straßen. In Trier stieg der Pegel am Freitagmorgen auf 7,91 Meter. Für Samstagabend rechnen die Experten nach eigenen Angaben damit, dass die kritische Marke von neun Metern überschritten wird. Der erwartete Höchststand könnte am Sonntag mit knapp über neun Metern erreicht werden.

Saarland erwartet Überschwemmungen nach Tauwetter

Nach dem Tauwetter wird im Saarland ebenfalls landesweit mit Überschwemmungen gerechnet. Insbesondere an Saar und Blies werden hohe Pegelstände mit "Überflutungen in größerem Umfang“ erwartet, sagte Innenminister Stephan Toscani (CDU). Er hat für Freitagmorgen den Krisenstab des Landes einberufen, der die Arbeit der Krisenstäbe der Landkreise unterstützen soll. Bereits am späten Donnerstagabend wurde die Saarbrücker Stadtautobahn vorsorglich erneut wegen Überflutungsgefahr gesperrt und die übliche Hochwasserumfahrung eingerichtet. Das Amt für Brand- und Zivilschutz hat die Bürger zu Vorsorgemaßnahmen aufgerufen. So sollten im Bedarfsfall etwa Kellerräume rechtzeitig geräumt werden. Zudem geben die Bauhöfe Sandsäcke zum Befüllen für einen Euro aus. Auch an der Blies wird mit deutlich steigenden Pegelständen gerechnet, die auch die Altstadt von Blieskastel bedrohen könnten.

Die Behörden rechnen mit stärkeren Überflutungen als noch vor Weihnachten. Entscheidend für den Hochwasserverlauf an der Saar ist die Schneeschmelze in den Vogesen. Das letzte schwere Hochwasser im Saarland gab es 1993, als kurz vor Weihnachten auch die Innenstädte von Saarbrücken und Blieskastel überflutet worden waren.

Bahnstrecken wegen Hochwasser gesperrt

Das Hochwasser in Rheinland-Pfalz und im Saarland hat am Freitag für Beeinträchtigungen im Bahnverkehr beider Länder gesorgt. Die Strecke zwischen Saarbrücken und Mainz mussten im nördlichen Saarland zu Betriebsbeginn wegen Überschwemmung durch das Saarhochwasser zunächst gesperrt werden, wie ein Bahnsprecher auf Anfrage sagte. Der Zugverkehr war gegen 10.00 Uhr auf einem Gleis wieder hergestellt. Bis zum Mittag wollte die Bahn nach Angaben eines Unternehmenssprechers auch das zweite Gleis freigeben.

Die Strecke zwischen Landstuhl und Kusel war nach einer Sperrung gegen 9.30 Uhr wieder befahrbar. Auch dort war seit dem frühen Freitagmorgen nach Überschwemmung infolge mitgerissener Geröllmassenkein Zugverkehr mehr möglich. Bahnreisende mussten auf Busse umsteigen.

Pegel der Flüsse in Westsachsen steigen dramatisch an

Das Tauwetter hat auch in Süd- und Westsachsen die Pegel der Flüsse stark ansteigen lassen. Wie das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie am Freitag in Dresden mitteilte, vervielfachten sich innerhalb weniger Stunden die Durchflussmengen an den Flüssen. So führte die Pleiße beim Pegel Neukirchen 1 am Morgen 13 Kubikmeter Wasser pro Sekunde, üblich sind dort zwei Kubikmeter. Der Wasserstand verdreifachte sich auf 130 Zentimeter, die Warnstufe 1 beginnt bei 150 Zentimetern. Die Pleiße fließt in ihrem weiteren Verlauf durch Leipzig.

Die Sprecherin der Landestalsperrenverwaltung, Katrin Schöne sagte, alle Rückhaltebecken im Lauf der Weißen Elster und der Pleiße südlich von Leipzig seien leer. "Nach unseren Berechnungen reicht der Raum aus, um das Schmelzwaser aufzunehmen", sagte Schöne. Das Landeshochwasserzentrum geht davon aus, dass im Laufe des Tages an den ersten Flüssen Alarmstufe 1 und 2, örtlich auch 3, erreicht werde. Es hänge maßgeblich davon ab, wie sich sich der Tauprozess in den nächsten Stunden und Tagen entwickelt und wie viel Niederschlag tatsächlich fällt, sagte Sprecherin Karin Bernhardt. Im Laufe des Freitag, spätestens aber am Sonnabend werde auch Ostsachsen von steigenden Pegelständen betroffen sein.

Der Meißner Landrat Arndt Steinbach (CDU) sagte am Freitag, ihm bereiteten vor allem die Triebisch, die Wilde Sau und weitere kleinere linkselbische Flüsse Sorge. Die Kommunen seien aber auf ein eventuelles Hochwasser vorbereitet. Auch die Wassermassen der Chemnitz haben sich laut Hochwasserzentrale in kürzester Zeit auf 20 Kubikmeter pro Sekunde vervierfacht, der Wasserstand am Pegel Chemnitz 1 verdoppelte sich auf 110 Zentimeter. Auch die Freiberger Mulde bei Nossen führte am Freitagmorgen bedeutend mehr Wasser, der Pegel stieg von 80 auf 110 Zentimeter, der Durchfluss von 10 auf 22 Kubikmeter pro Sekunde. Eine Warnstufe wurde für die Flüsse jedoch noch nicht ausgerufen.

Eine Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes wegen starken Tauwetters gilt in den westlichen Höhenlagen Sachsens weiterhin. Es muss mit Temperaturen von bis zu fünf Grad über Null sowie starkem Regen bis zu 50 Liter pro Quadratmeter gerechnet werden.