Nach dem Schnee kommt das Wasser. Der Winter macht Pause, die Temperaturen steigen im ganzen Land. Behörden warnen vor Hochwasser.

Dresden/Pirna/Berlin. Mitten im Winter rüstet sich Sachsen für ein Hochwasser. Schon seit Mitte Dezember 2010 wird nach Angaben der Landestalsperrenverwaltung Wasser aus Talsperren abgelassen. Die Rückhaltebecken etwa bei Leipzig seien frei, sagte die Sprecherin der Behörde in Pirna, Katrin Schöne. Ein Niederschlagsgebiet bringt Schnee sowie gefrierenden und später normalen Regen, sagte Meteorologin Claudia Opelt vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig. Er gab eine Unwetter-Vorwarnung heraus.

Die Meteorologen sagten steigende Temperaturen und massives Tauwetter ab Donnerstagvormittag voraus. Hauptsächlich betroffen seien das Erzgebirge und das Vogtland, wo der Regen „richtig niederprasseln“ werde. „Wir rechnen mit einer Menge von 30 bis 50 Litern in 48 Stunden“, sagte Opelt. Da es auch in den Bergen taue, „kommen erhebliche Wassermassen zusammen“. Im Flachland gebe es zwar auch eine Schmelze, aber nur leichtere Niederschläge.

Laut Landeshochwasserzentrum haben alle Flüssen in Sachsen bereits eine „relativ hohe Wasserführung“. Die Hochwasser-Alarmstufe eins sei aber nirgendwo erreicht. Das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Dresden rechnet im Erzgebirge mit Dauerregen und 30 bis 50 Litern je Quadratmeter im Verlaufe zweier Tage.

Schneemengen mit einer Höhe zwischen 15 und 30 Zentimetern im Tiefland sowie etwa 40 bis 100 Zentimetern in den Bergen seien recht beträchtlich, sagte Behördensprecherin Karin Bernhardt. „Verglichen mit dem großen Frühjahrshochwasser 2006 ist das in den Bergen zwar etwas weniger, im Flachland hingegen etwas mehr Schnee.“ Damals war unter anderem die Elbe bei Dresden auf rund 7,50 Meter gestiegen, normal sind zwei. „Im schlimmsten Fall kann auch jetzt ein solches Hochwasser eintreten.“

Die Kommunen bereiten sich auf die angekündigten Fluten vor. „Wir sitzen alle zwei Tage zusammen und beraten, was zu tun ist“, sagte der Bürgermeister von Schwarzenberg im Erzgebirge, Bernd Weigel (parteilos). „Es werden Dächer kontrolliert, Straßeneinläufe von Eis befreit und gesäubert.“ Weigel und sein Amtskollege in Grimma, Mattias Berger (parteilos), wissen nicht genau, „was eintritt, und was die Erde noch aufnehmen kann“. Berger hofft, dass seine Stadt von einem Hochwasser verschont bleibt. Grimma war bei der Flutkatastrophe im August 2002 überflutet und schwer beschädigt worden.

In Dresden wird die Elbe genau beobachtet. Wenn es ein Hochwasser gebe, stünden auch die nach 2002 gebauten neuen Schutzanlagen zur Verfügung, teilte die Stadtverwaltung mit. Bei den Freiwilligen Feuerwehren in Chemnitz werden rund 100.000 Sandsäcke vorbereitet, mehr als 70 Tonnen Sand sind bestellt. Einwohner gefährdeter Häuser könnten diese in den Gerätehäusern abholen, teilte die Stadt mit. Sie war erst im August 2010 von einem Hochwasser heimbesucht worden.

„Die Hochwasserwarnungen müssen ernst genommen werden“, warnte Umweltminister Frank Kupfer (CDU) in einer Mitteilung. Der Freistaat sei für ein Hochwasser durch eine plötzliche Schneeschmelze gerüstet. Rückhalteräume könnten 167 Millionen Kubikmeter Wasser aufnehmen. Rund acht Millionen Sandsäcke sowie Befüllgeräte, Notstromaggregate, Pumpen und mobile Hochwassersperren stünden bereit. Die Kommunen könnten diese bei Bedarf anfordern.

Auch an Rhein und Mosel droht Hochwasser

An Rhein und Mosel droht Hochwasser wegen der starken Schneeschmelze. Am Sonnabend werden gebietsweise bis zu zwölf Grad erwartet, sagte DWD-Meteorologin Paetzold. "Es schmelzen in den kommenden Tagen je nach Lage zehn bis zwanzig Zentimeter Schnee", sagte sie. Das Hochwassermeldezentrum in Koblenz erwartet, dass die Pegel am Donnerstag die amtlichen Meldehöhen an der Mosel und an der Lahn erreichen. In vielen ufernahen Städten und Gemeinden halten sich Verwaltungen und Feuerwehren für den Ernstfall bereit.

In der Moselstadt Zell hat man die Hochwasser-Spundwände nach Weihnachten nicht abgebaut, wie Bürgermeister Hans Schwarz (CDU) sagte. Viele Keller seien bereits seit Dezember leer geräumt. Zuletzt überspülte die Mosel 2003 die Schutzmauern in Zell, dabei wurde die ganze Stadt überflutet. In Unter- und Mittelfranken wird ab Freitag mit leichtem Hochwasser gerechnet. Die zuständigen Wasserwirtschaftsämter haben am Mittwoch eine Warnung für insgesamt 16 Landkreise veröffentlicht.

In Brandenburg dagegen gilt von Hohensaaten-Finow bis Zollbrücke seit Montag bereits die höchste Hochwasser-Alarmstufe 4. Der Pegel Hohensaaten-Finow stieg binnen 24 Stunden noch einmal um mehrere Zentimeter auf 7,13 Meter und liegt nun 63 Zentimeter über dem Richtwert der Alarmstufe 4, wie das Landesumweltamt mitteilte. Auf der Oder droht auch Gefahr durch große Eisbrocken, die aufeinander geschoben werden.