In der Nacht hat sich die Hochwasserlage nicht verschärft. Vielerorts sanken die Pegelstände sogar. Ein Mann ertrank in einem Fluss.

Frankfurt/Main/Heidelberg/Frankfurt (Oder)/Passau/Koblenz. Für die meisten Hochwasserhelfer im Land hat es in der Nacht zum Freitag eine kleine Verschnaufpause gegeben. In Hessen und Baden-Württemberg, wo die Lage am Donnerstag kritisch war, fielen die Pegelstände zumeist. Der Deutsche Wetterdienst DWD sprach zwar noch von einer „angespannten“ Situation, kündigte für die beiden Bundesländer aber einen weitgehend trockenen Tag an. Auch im Osten Deutschlands verschärfte sich die Lage nicht, wie die Polizei in den Hochwassergebieten mitteilte.

In Frankfurt umspülte der Main am Morgen weiter die Schutzbarriere vor dem Rathaus Römer. Mit Stand 4.00 Uhr galt die Hochwassermarke 4,77 Meter, wie das Landesamt für Umwelt im Internet anzeigte. Damit verharrten die Fluten im Vergleich zum Vorabend unverändert. In Hanau, wo die Kinzig in den Main fließt, berichtete die Feuerwehr am Morgen, dass der Pegelstand seit 20.00 Uhr sechs Zentimeter gefallen sei. „Ob das anhält, wissen wir aber noch nicht. Das kann auch nur eine Schwankung sein“, sagte ein Feuerwehrsprecher.

Die generelle Gefahr in Hessen bliebt derweil: Nach dem Sturz eines 59-jährigen Mannes in die Steinach in Südhessen schwinden die Chancen, den Vermissten lebend zu finden. Er war am Donnerstag in den kleinen Fluss bei Neckarsteinach (Kreis Bergstraße) gefallen, der sich mit dem Hochwasser in einen gefährlichen Strom verwandelt hatte. „Wir haben keine große Hoffnung mehr, ihn lebend zu finden“, sagte ein Polizeisprecher in Darmstadt am frühen Freitag. Am Vormittag solle beraten werden, ob die am Abend beendete Suche wieder anläuft.

Die Befürchtungen in Heidelberg relativierten sich in der Nacht: Der aufwendige Hochwasserschutz vor der Altstadt wird vermutlich noch nicht einmal nass werden und soll wohl am Mittag abgebaut werden. Im Rems-Murr-Kreis sahen die Behörden überall sinkende Pegelstände. Allerdings blieben in Backnang weiterhin etwa 5000 Haushalte ohne Strom und 65 Menschen durften noch nicht zurück in ihre Häuser.

Im hochwassererprobten Wertheim ganz im Norden des Bundeslandes wich das Wasser in der Nacht erneut ein bisschen. „Es gab hier keine besonderen Vorkommnisse“, sagte ein Feuerwehrsprecher. Zwar stagnierten die Fluten am Morgen etwas, was aber vermutlich mit dem Wasser im Oberlauf des Mains zusammenhänge. Bei der Stadt im äußersten Norden Baden-Württembergs fließt die Tauber in den Main.

+++ Der Pegel steigt weiter an - viele Flüsse treten über die Ufer +++

Der DWD notierte um 4.30 Uhr auf seiner Internetseite, es werde in Hessen bis zum frühen Morgen teils noch intensive Regenfälle geben. „In den Vormittagsstunden wird sich die Niederschlagssituation aber rasch entspannen.“ Und für Baden-Württemberg hieß es, dass der Regen anfangs noch im Norden falle. Er ziehe dann aber „im Laufe des Vormittags nach Nordosten ab und danach ist es meist trocken“. Örtlich gebe es aber immer noch die Gefahr, dass es kräftig schütte.

Neues Hochwasser in Koblenz erwartet

Die Rhein-Mosel-Stadt Koblenz erwartet an diesem Wochenende bereits das zweite große Hochwasser des Jahres. „Der Scheitel wird bei etwa 7,40 Meter morgen Abend erwartet“, sagte Bianca Dohm-Müller vom Hochwassermeldezentrum am Freitag in Mainz. Stündlich steige der Rhein am Pegel Koblenz derzeit um etwa zwei Zentimeter. Ursache für die neue Flut seien Regengüsse, die am Donnerstag in Baden-Württemberg niedergingen. Sie hätten etwa den Oberrhein und den Neckar ansteigen lassen. Zu Wochenbeginn hatte das Wasser 7,52 Meter in Koblenz erreicht und mehrere ufernahe Stadtteile überflutet. Rund 5000 Bürger waren von dem Hochwasser betroffen.

Das Wasser war bis Donnerstag nur bis auf 6,16 Meter gesunken, seither steigt der Rhein wieder. Normal liegt der Pegelstand am Deutschen Eck bei 2,40 Metern. An der Mosel dagegen war die Lage entspannt. Der Pegelstand Trier sollte im Laufe des Freitags einen Höchststand von 6,70 bis 6,80 Metern erreichen und dann wieder fallen, sagte eine Sprecherin des Hochwassermeldezentrums Mosel in Trier. Dies sei im Vergleich zum vergangenen Wochenende völlig undramatisch. Da hatte der Pegelstand Trier bei 8,79 Metern gelegen - gut fünf Meter über normal. „Das aktuelle Hochwasser ist eher ein kleines Hochwasser, wie es jährlich vorkommt“, sagte sie.

Donau steigt in Passau rasant an

Die Donau ist im Osten Bayerns rasant angeschwollen. In Passau stieg das Wasser bis zum Freitagmorgen auf 8,90 Meter - 24 Stunden zuvor waren es noch drei Meter weniger. Damit galt die höchste Hochwasser-Meldestufe vier (8,50 Meter). Feuerwehr und städtische Mitarbeiter verbauten bis weit in die Nacht hinein rund 2500 Sandsäcke, wie die Stadtverwaltung mitteilte.

Für den Freitag wird ein weiterer Anstieg um etwa einen halben Meter erwartet, dann wird auch der Rathausplatz in Passau unter Wasser stehen. Obwohl die Menschen in Passau gut auf das Hochwasser vorbereitet waren, wurden sie in der Nacht von dem rasanten Anstieg des Pegelstandes überrascht. Von Regensburg über Straubing nach Passau lag der Donaupegel am Morgen bei Alarmstufe zwei.

Autofahrer mussten wegen zahlreicher überschwemmter Straßen lange Umwege in Kauf nehmen. In der Oberpfalz blieb eine Familie mit ihrem Auto stecken und musste von der Feuerwehr geborgen werden. Ein anderer Autofahrer wurde von einem Traktor aus dem Wasser gezogen.

Vor allem an der Donau und der Schwarzen Laber spitzte sich nach Angaben der Polizei in der Oberpfalz und in Niederbayern die Lage zu: Überflutete Ortsdurchfahrten, Keller unter Wasser und Autos, die von Parkplätzen abgeschleppt werden mussten. Der Fluss Regen stand am Freitagmorgen ebenfalls kurz vor der Meldestufe vier, betroffen war unter anderem die oberpfälzische Stadt Cham.

Leipzig bereitet sich auf Flutwelle vor - Dresden sperrt Terrassenufer

Die Hochwassersituation in Sachsen wird nach den warmen Temperaturen und Regenfällen der vergangenen Tage wieder bedrohlicher. Für den Pegel Böhlen 1 an der Pleiße südlich von Leipzig gilt seit Freitagfrüh die Warnstufe 3, wie das Landeshochwasserzentrum in Dresden mitteilte. Auch der Pegel der Flöha kurz vor dem Zusammenfluss mit der Zschopau stieg in wenigen Stunden rasant an, dort gilt jetzt ebenfalls Warnstufe 3.

Die Stadt Leipzig bereitet sich seit Tagen auf eine Flutwelle vor, auf Deichen werden Hunderte Bäume gefällt, um die Standsicherheit der Anlagen zu verbessern. In der vergangenen Woche musste in Leipzig bereits ein Wehr geöffnet werden, mehrere Hundert Hektar Auwald sind seitdem überflutet. Das Wasser bedroht weiterhin die nördlichen Stadtteile Leutzsch und Lindenau. Sollten die Dämme brechen, könnten dort zahlreiche Häuser unter Wasser stehen.

In Dresden hat das Hochwasser das Terrassenufer vor der historischen Altstadt erreicht. Nach Angaben der Stadtverwaltung wurde die Straße für den Verkehr weitgehend gesperrt. Die Zufahrt zum höher gelegenen Theaterplatz, wo am Freitagabend der Semperopernball gefeiert wird, sei weiterhin geöffnet. Der Elbpegel war demnach in der Nacht auf 5,10 Meter angestiegen. Es galt die Alarmstufe 2 auf einer Skala bis 4.