Sie schreibt von Schmerzen und Übelkeit. Ausgerechnet zwei Frauen werden über Josef Fritzl richten.

Wien. Dem österreichischen Inzest-Opfer Elisabeth Fritzl (42) wäre fast die Flucht gelungen. Nur drei Wochen vor ihrer Einkerkerung im Kellerverlies schrieb die damals 18-Jährige einen Brief an einen Freund. Darin beschreibt sie das Martyrium in ihrem Elternhaus in Amstetten. So schreibt sie von Schmerzen und dass ihr manchmal übel sei. Den Grund nennt sie nicht. Weiter heißt es in den Briefen, die jetzt vom Boulevardblatt "Österreich" veröffentlicht wurden, dass sie im Krankenstand sei. Trotzdem hatte Elisabeth Hoffnung. "Nach der Prüfung ziehe ich zu meiner Schwester und ihrem Freund nach T.", schrieb sie am 9. Mai 1984 an ihren Freund Erich. Sie hoffte in T. einen Job zu bekommen.

Elisabeth, die sich selbst Sissy nannte, war offenbar auch in einen Jungen aus der Nachbarklasse einer Schule für Köche und Kellner verliebt. "Mit ihm gehe ich auch seit dem Kurs", schrieb sie. Damals war Elisabeth ein lebenslustiges Mädchen. Sie liebte den Sport, spielte Tennis, ging zum Schwimmen und zum Fußball. Aber auch Discos und Alkohol waren ihr nicht fremd. So schrieb sie "Das Fortgehen darf ich auch nicht vergessen. Das tue ich eigentlich am liebsten. Denn mit unserer Crew gibt's immer was zu lachen."

Offenbar hatte ihr Vater Josef Fritzl (73) geahnt, dass ihm seine Tochter schon bald entgleiten würde. Deshalb hatte er in vielen heimlichen Arbeitsstunden das Kellerverlies vorbereitet. Schon 1981/82 isolierte er einen Raum zu einer schalldichten Zelle, installierte eine Toilette und brachte einen Herd und einen Kühlschrank nach unten ins Verlies.

Seine Tochter Elisabeth 24 Jahre lang einzusperren sei quasi Notwendigkeit gewesen, sagte er seinem Anwalt Rudolf Mayer. "Elisabeth entwickelte sich nämlich so ganz anders als meine anderen Kinder, sie ging nächtelang aus, trank Alkohol..., riss sogar zweimal aus. Ich brachte sie immer wieder nach Hause zurück. Ich wollte sie vor dem Absturz bewahren. Darum sperrte ich sie ein." Fritzl berichtete laut der Zeitung "News" auch von seiner eigenen Kindheit. Sein Vater war ein Taugenichts, der ständig Affären mit Frauen hatte. Seine Mutter warf ihn deshalb schon früh raus. Fritzl lebte lange mit seiner Mutter allein und verehrte sie, obwohl sie streng war und ihn schlug. Seinem Anwalt gestand er auch, seine Mutter sexuell begehrt zu haben.

Seine Frau Rosemarie (69) war dann so ganz anders. Sie ist eine liebevolle Mutter und eher schüchtern. Dennoch soll sie ihren Mann zu Swinger-Partys begleitet haben. Angeblich musste sie zusehen, wie er mit anderen Frauen schlief. Auch nach der Vergewaltigung einer Frau und einer anschließenden Haftstrafe im Jahr 1967 hielt die Mutter von damals schon vier Kindern weiter zu ihm. Offenbar kam es für Rosemarie Fritzl nicht infrage, sich scheiden zu lassen.

Fritzl sah in seiner Tochter Elisabeth möglicherweise Züge seiner Mutter, projizierte seine unerfüllten Sexträume auf sie. "Mein Trieb, mit Elisabeth Sex zu haben, ist immer stärker geworden", sagte er seinem Anwalt. "Ich wusste, dass Elisabeth nicht wollte... Der Drang, endlich das Verbotene tun zu können, ist einfach zu groß gewesen."

Nun müssen ausgerechnet zwei junge Frauen über den Inzest-Vater richten. Da ist zum einen die Psychiaterin, die entscheiden wird, ob Fritzl unzurechnungsfähig ist und in die Psychiatrie eingewiesen wird, wie sein Anwalt fordert. Oder wird Fritzl eine vermutlich lebenslange Haftstrafe absitzen müssen? Dr. Adelheid Kastner (45) ist eine hoch angesehene Psychiaterin und Forensik-Spezialistin an der Landesnervenklinik in Linz. "Das Gutachten wird erst fertig sein, wenn ich sicher sein kann, wirklich alles berücksichtigt zu haben", sagte Kastner der Berliner "B.Z.". Zurzeit ist die Psychologin noch in Washington, hat Fritzl bisher nicht gesprochen.

Die andere Frau ist die Staatsanwältin Christiane Burkheiser (32). Schon nach zehn Monaten im Amt bekam sie mit Fritzl den Fall ihres Lebens, wurde quasi über Nacht weltweit berühmt. Burkheiser ist um ihre Arbeit aber nicht zu beneiden. Anwalt Mayer wird bereits mit Mord bedroht. Das könnte der jungen Juristin auch passieren. Am Mittwoch hat sie mit Fritzl ein erstes Gespräch über dessen Lebenslauf geführt. Frühestens in zwei Wochen will sie ihn zu seinen grauenvollen Taten vernehmen.

Filmberichte zum Inzest-Fall in Amstetten