Kapitän Michael Ballack schießt die DFB-Auswahl ins Viertelfinale gegen Portugal - beide Trainer auf die Tribüne verbannt.

Wien. Wer bei dieser Starkstrom-Spannung im Wiener Ernst-Happel-Stadion keine Gänsehaut bekam, bekommt sie nie mehr in seinem Leben. Es knisterte vor dem Anpfiff. Würde der David den Goliath aus dem Turnier kippen, 30 Jahre nach Cordoba ein neues Wunder schaffen?

Die Nationaltrainer beider Mannschaften, Joachim Löw und Josef Hickersberger, müssen ähnlich nervös gewesen sein - nach 40 Minuten war das Spiel für sie zu Ende. Nach andauernden Streitigkeiten mit dem Vierten Offiziellen Damir Skomina, einem Slowenen, schickte Schiedsrichter Mejuto Gonzalez beide auf die Tribüne. Sofort erkundigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel besorgt bei Löw, der zwischen Manager Oliver Bierhoff und dem rotgesperrten Bastian Schweinsteiger Platz nehmen musste, nach drohenden Konsequenzen. Eine Antwort konnte der Bundestrainer, der wie Hickersberger aus Verärgerung die offizielle Pressekonferenz boykottierte, nicht liefern. Heute will die Disziplinarkommission der Uefa laut Mediendirektor William Gaillard über mögliche Sanktionen entscheiden.

Was die Trainer bis dahin gesehen hatten, wirkte auch alles andere als beruhigend, wobei das "Endspiel um das Viertelfinale" wahrlich keinem europäischen Top-Niveau entsprach. Die Partie lebte davon, dass nur ein Tor alles ändern könnte. Entgegen der Erwartungen hatte Löw sein Team nur in der Abwehr verändert und Arne Friedrich für Marcell Jansen gebracht. Hickersberger sorgte im Angriff für eine Überraschung, beorderte den glücklosen Linz auf die Bank und brachte Hoffer, der noch keine Minute gespielt hatte.

Die Österreicher hatten anfangs defensive Probleme, obwohl die Außen Fuchs und Garics in der Rückwärtsbewegung häufig mit Pogatetz, Hiden und Stranzl einen Fünfer-Block bildeten. Erst nach zehn Minuten kam das österreichische Team besser ins Spiel und kreierte nun ansatzweise Chancen. Glück hatte Christoph Metzelder, dass ein Zweikampf mit Hoffer nach einem Ivanschitz-Pass nicht als Elfmeter geahndet wurde (18.). Nur eine Minute später setzte der gebürtige Hamburger Harnik wieder Hoffer in Szene, doch Keeper Jens Lehmann war schneller. Dass Aufhauser (21.) und Lukas Podolski (23.) danach nur noch mit Distanzschüssen gefährlich werden konnten, zeigte, dass die beiden Abwehrreihen dem Gegner wenig Freiraum ließen. Taktik prägte das Spiel, man belauerte sich.

Nach Wiederanpfiff hatte Löw kaum Platz genommen, da lag er sich mit Schweinsteiger in den Armen. Kapitän Michael Ballack hatte einen direkten Freistoß aus 26 Metern in den rechten Winkel geschossen (49.). Was für ein Ding! Logisch, dass die österreichische Mannschaft einige Minuten brauchte, um den Schock zu verdauen. Wie gegen Kroatien und Polen war das Team in Rückstand geraten. Hickersberger reagierte, brachte Leitgeb, Säumel und Kienast, um für mehr Impulse in der Offensive zu sorgen.

Doch die DFB-Auswahl war, auch dank des eingewechselten Thomas Hitzlsperger, der die Offensive belebte, jetzt Herr auf dem Rasen, kontrollierte die Partie, während sich bei Österreich der Mangel an Qualität bemerkbar machte. Der Gastgeber bewies erneut, dass er besser als sein Weltranglistenplatz (92), aber auch weit von einer Renaissance einstiger Stärke entfernt ist.

"Wir schicken die Piefkes heim" hatten die vor dem Spiel friedlich feiernden österreichischen Fans den deutschen Anhängern in der Innenstadt zugerufen. Stattdessen spielt nun Deutschland am Donnerstag in Basel gegen Portugal. Dort wird die deutsche Elf ihren Ruf bestätigen müssen, dass sie eine Turniermannschaft ist - sonst droht Löw bald wieder die Tribüne.

Österreich: Macho - Garics, Stranzl, Hiden (55. Leitgeb), Pogatetz - Aufhauser (63. Säumel), Fuchs, Ivanschitz - Korkmaz, Harnik (67. Kienast)- Hoffer.

Deutschland: Lehmann - Friedrich, Mertesacker, Metzelder, Lahm - Fritz (90.+3 Borowski), Ballack, Frings, Podolski (83. Neuville) - Gomez (60. Hitzlsperger), Klose.

Tor: 0:1 Ballack (49.).

Schiedsrichter: Mejuto Gonzalez (Spanien). Zuschauer: 51 428. Gelb: Stranzl, Hoffer, Ivanschitz. Statistik: Torschüsse: 12/15 - Ecken: 8/6 - Fouls: 22/11 - Ballbesitz: 48/52 Prozent.