Melbourne. Zum ersten Mal seit 17 Jahren ist die Formel 1 eine Schumacher-freie Zone, und in der Erbengeneration bricht eine Art moderner Fünfkampf auf Rädern aus: Ein ganzes Quintett versucht aus dem langen Schatten der Schumis zu treten. Man spricht (über) Deutsch. Die Autofahrernation Nummer eins stellt die stärkste Fraktion im Starterfeld: Nick Heidfeld (BMW), Nico Rosberg (Williams), Timo Glock (Toyota), Sebastian Vettel (Toro Rosso) und Adrian Sutil (Force India). So viel Deutsch war nie, nimmt man die bis zu zwölf Einzelstarter Anfang der 50er-Jahre mal aus.

Die Flut an Toppiloten ist eine Folgeerscheinung des Schumi-Booms und der Nachwuchsförderung durch Kartsport, BMW, Mercedes und ADAC. Was ist drin für Schumis Erben? Eine Dreiklassengesellschaft, was nicht am Charakter oder Talent des Einzelnen liegt, sondern vorrangig an den unterschiedlichen Qualitäten ihrer Rennwagen. Die Erbfolge.

Nick Heidfeld (30) ist die Nummer 3b im prognostizierten Titel-Dreikampf zwischen Räikkönen, Hamilton und Alonso. Vorausgesetzt, sein BMW gerät nicht aus der Balance. Der Münchner Vorstand will (mindestens) einen Sieg. Heidfeld wartet seit achteinhalb Jahren auf den Triumph. Das kann nur einer, der wie Berti Vogts aus Mönchengladbach stammt. Es sind zähe Beißer, die Terrier vom Niederrhein: "Ich bin bereit für diesen Sieg."

Nico Rosberg (22) ist zum Junior-Chef bei Williams befördert worden, was in einem englischen Team schon etwas Besonderes bedeutet. Nur Dank dafür, dass er Mercedes (vorerst) abgesagt hat, kann das nicht sein. Als Mannschaftskapitän will er sein Image verbessern und den ohnehin hohen Marktwert von gemunkelten 25 Millionen Dollar steigern. Der Sohn mit väterlichen Weltmeister-Genen gehört zu den klügsten und schnellsten Piloten der Zunft. Vorbereitet hat er sich mit Bergsteigen: Das schult Konzentration und Kondition für den Weg nach oben. "Es wäre toll, wenn ich zu Nick aufschließen könnte."

Sebastian Vettel (20), den jüngsten Punktgewinner der WM-Geschichte, muss man einfach mögen. Auch wenn er gerade mal nicht als Spaßvogel unterwegs ist. Er dient sich hoch und muss dafür zunächst auf ein Vorjahresauto setzen. Immerhin hat er es zu drei Spitznamen auf einmal gebracht: Baby-Schumi, Bonsai-Schumi, Bubi-Schumi. Kommt davon, wenn man Poster in seinem Kinderzimmer aufhängt. Dabei wäre er am liebsten Fahrradkurier geworden.

Timo Glock (25) ist einer der wenigen, die ein Comeback in der Formel 1 schaffen. 2004 hatte er für Jordan zwei WM-Punkte gewonnen, jetzt fängt er bei Toyota fast wieder am Nullpunkt an. Am Vorgänger will er nicht gemessen werden: "Ralf (Schumacher) war Ralf." Er vertraut lieber auf seinen Spitznamen "Kampfdackel" ob der Zweikampfstärke. Den hat er sich inzwischen auch in japanischen Schriftzeichen auf den Helm pinseln lassen, in der Übersetzung "Sohn des Windes". Der erlernte Beruf als Gerüstbauer soll dem Odenwälder weiterhelfen: "Ein gutes Auge und Weitsicht sind in beiden Jobs notwendig."

Adrian Sutil (25) ist öfter am Klavier fotografiert worden als im Rennwagen, dabei holte er in der Debütsaison mit einem Hinterbänkler-Auto einen Ehrenpunkt. Das passiert, wenn man mit sieben schon ein Pianokonzert gegeben hat. Im Cockpit läuft es nicht so virtuos: 2007 war er der Dreherkönig. An der Devise "Ich zeige es allen" hat sich aber nicht viel verändert. Das passt zu seinem Vorbild - James Bond.

Das derzeit größte Nationalteam der Formel 1 könnte alsbald Zuwachs bekommen. Manager Willi Weber hat sich aus dem Vorruhestand zurückgemeldet und Nico Hülkenberg (20) als Testpilot bei Williams untergebracht. Eine Erbengeneration will offenbar die andere überholen.