Wenn alte Menschen ins Heim umziehen, müssen sie sich von vielen liebgewordenen Dingen trennen. Annett Urban hilft mit Einfühlungsvermögen und Tatkraft.

Vier- bis fünfmal in der Woche zieht Annett Urban um. Sie hängt Bilder ab, verpackt Geschirr, beschriftet Kartons, besorgt Umzugswagen und Helfer. Sie macht das nicht für sich, sondern für Menschen, denen das nicht mehr so leicht von der Hand geht: Annett Urban betreibt einen Umzug-Service für Senioren.

Wenn ältere Menschen ins Heim ziehen müssen, weil sie sich zu Hause nicht mehr allein versorgen können, "dann brauchen sie jemanden, der anpackt," sagt die quirlige 37jährige. Die ehemalige Leiterin eines ambulanten Pflegedienstes weiß auch, wie sehr der Wechsel in die neue Umgebung vielen zu schaffen macht. "Als ich meiner damals achtzigjährigen Oma beim Umzug ins Altersheim half, wurde mir klar, welche Bedürfnisse die Senioren haben", sagt Annett Urban. Daraufhin startete die zierliche Frau mit der enormen Energie ihren besonderen Service. Das war vor sechs Jahren. Seitdem ist sie gefragt, "ohne daß ich viel Werbung machen muß". Mit ihrem Team übernimmt sie nicht nur die Ein- und Auszüge, sondern auch das Entrümpeln und Renovieren der alten Wohnung. Sie verhandelt mit Vermietern, sorgt für die Ummeldung und andere Formalitäten. Der Umzug selbst dauert anderthalb Tage und kostet ab 250 Euro.

Bevor es ans Einpacken geht, hat Annett Urban mit den Senioren viel zu besprechen. "Welche Möbel können und wollen Sie mitnehmen, brauchen Sie Hilfe beim Aussortieren von Schränken und Schubladen?" Kompliziert wird es gerade bei den Alltagsdingen. Da hilft die Urbansche Checkliste. Auf der steht, was im neuen Heim nicht fehlen darf, von der Bettwäsche (5mal zum Wechseln) über Fön, Frühstücksbretter bis hin zur Rolle Klopapier. Selbst Weihnachts- und Dekorationsschmuck sind aufgelistet.

Das, was das wichtigste aus dem Leben der alten Menschen ist, muß unbedingt mit ins neue Heim: alte Fotos, liebgewordene Bücher, Erbstücke. Sogar eine Säbelsammlung ist schon mit umgezogen. Manche Pfleger sehen in diesem "Schnickschnack" nur Staubfänger. Darüber ärgert sich Annett Urban: "Das ist unmenschlich." Denn auch ein Pflegezimmer wird nun mal zu einem Zuhause.

Dennoch muß natürlich vieles aussortiert werden, auch wenn es schmerzt. "Besonders Frauen können sich nicht gut von ihren Sachen trennen", stellt Urban immer wieder fest. Ihre Standardhilfe lautet: "Was Sie seit zwei Jahren nicht vermißt haben, brauchen Sie auch nicht mehr." Das kommt nicht immer an. "Neulich zog eine Dame aus einem Haus in eine Zwei-Zimmer-Wohnung um und wollte einfach alles mitnehmen. "Am Ende standen beide Zimmer mit Kisten und Möbeln komplett voll", sagt Annett Urban.

Die meisten beherzigen die Ratschläge der tatkräftigen Frau: "Nehmen Sie die schönsten Möbel mit, Ihren Lieblingsbecher und das gute Geschirr." Aus Erfahrung weiß Annett Urban: Heimweh kommt in den ersten Wochen sowieso auf, "da soll wenigstens der Start positiv sein." Sie juxt auch gerne mal mit den Kunden. "Das können die meisten gut vertragen, sie müssen nur das Gefühl haben, daß man zuverlässig und ehrlich ist." Manche Kunden nimmt sie auch in den Arm: "Etwas bemuttert werden, das tut auch alten Menschen gut." Gerade das Menschliche an der Arbeit macht ihr Spaß, und die häufigen Umzüge sind "gar kein Stress." Noch arbeitet sie von ihrem Wohnort Henstedt-Ulzburg aus. Demnächst will sie ihren Service in Kooperation mit Umzugsunternehmen bundesweit anbieten.

Der Umzug-Service für Senioren, 04193 / 96 86 21;