Was wäre, wenn ich morgen sterben müßte? Das Beratungszentrum St. Petri bietet ein Seminar zu dem Thema - eine sensible Einführung für Sterbebegleiter.

ABENDBLATT: Ostern steht ganz im Zeichen der Auferstehung. Warum bieten Sie ausgerechnet in dieser Zeit ein Seminar zum Thema "Mit dem Sterben leben" an?

MEIER: Irgendwann wurde mir bewußt, daß das, was uns über die Auferstehung erzählt wird, sehr hoffnungsvoll und lichtvoll klingt. Aber davor steht nun mal für jeden Menschen das Sterben und der Tod und sein Abschiednehmen vom Leben. Damit sollten sich Menschen in der Mitte ihres Lebens auseinandersetzen, und dafür möchte ich Raum und einen Rahmen geben. Denn wenn ich mich mit meiner Angst vor dem Tod befasse, kann ich mich vielleicht mit weniger Angst auf diesen künftigen Lebensabschnitt einlassen.

ABENDBLATT: Sie werben mit Selbsterfahrungselementen. Kann man bei Ihnen den Tod im voraus erleben?

BIRGIT MEIER: Man kann zumindest überlegen, was wäre, wenn ich morgen stürbe? Wollte ich die ganze Wahrheit vom Arzt wissen? Mit wem würde ich darüber sprechen, wer sollte bei meinem Abschied dabeisein? Die Selbsterfahrung erleben unsere Teilnehmer über eine Baummeditation, bei der wir zu den Früchten unseres Lebens gehen. Also, auf was schauen wir zurück, wo sind wir verwurzelt? Die Leute sollen auf diese Weise einmal feststellen, von welchen Werten und Menschen in ihrem Leben sie sich verabschieden müssen.

Ich empfehle jedem Menschen, so ein Abschiedsseminar zu machen, um festzustellen, welche Schätze er im Leben hat und um sich die eigene Sterblichkeit mal vor Augen zu führen. Vielleicht würden viele bewußter ihr Leben leben, vielleicht auch versöhnlicher.

ABENDBLATT: Beschäftigen sich die Deutschen zu wenig mit dem Tod?

MEIER: Das habe ich früher gedacht. Jetzt merke ich jedoch, daß Leute heute offener für das Thema sind. Das kommt sicher auch durch die vielen Menschen, die an Aids gestorben sind. Dadurch ist das Thema Tod mehr in die Gesellschaft reingetragen worden. Es gibt ja auch immer mehr Menschen, die sich zu Sterbebegleitern ausbilden lassen.

ABENDBLATT: Was für Leute kommen zu Ihrem Seminar?

MEIER: Eher Ältere und mehr Frauen, die meisten sind über 40 Jahre alt. Dies soll ja das Alter sein, in dem man die eigene Sterblichkeit auch körperlich spürt. Bei mir war das auch so.

Manche Teilnehmer arbeiten in der Sterbebegleitung und kommen, um sich mal auf eine "leichtere" Art und Weise mit dem Tod auseinanderzusetzen. Andere wollen sich mit dem künftigen Tod ihrer Eltern beschäftigen, und es gibt Teilnehmer, die einen Sterbenden gerade begleiten und wissen wollen, wie sie das machen können, ohne demjenigen etwas aufzuzwingen.

ABENDBLATT: Welche Voraussetzungen sollte man haben, um einen Sterbenden gut zu begleiten?

MEIER: Manchmal passiert es so plötzlich, daß man einfach nur noch da sein kann. Es ist gut, wenn man dann einfach nur die Hand hält und seine eigenen Interessen zurücksteckt. Man sollte dem Thema Tod nicht ausweichen, und dabei ist es hilfreich, wenn man sich schon einmal mit dem Moment des Sterbens auseinandergesetzt hat. Man kann den Sterbenden auffordern, auf sein Leben zurückzuschauen und zu erzählen, was gut war, was er mitnimmt. Man kann ihm helfen, sich mit Menschen auszusöhnen.

ABENDBLATT: Wie kann man sich noch dem Thema Sterben nähern?

MEIER: Durch die Kirche oder durch Meditation, wo es ja auch den Moment der Auflösung gibt. Man kann auch Gesprächskreise bilden und sich intellektuell mit dem Thema auseinandersetzen.

Das Seminar "Mit dem Sterben leben - eine Auseinandersetzung mit einem zentralen Lebensthema" findet statt: am 19. März, 10-19 Uhr im Beratungs- und Seelsorgezentrum an der Hauptkirche St. Petri, Kreuslerstr. 6-8. Anmeldung: 040/32 50 38 75 od. 32 57 400. Kosten: 50 Euro (erm. 35 Euro). Kursleiter: Birgit Meier und Thomas Bernt.