Seit die Sympathiefigur “Don Camillo“ den Anfang machte, sind TV-Serien mit Pfarrern und Nonnen Renner. Wieso eigentlich ausgerechnet heute?

Herr, warum mach' ich das alles?" fragt Schwester Lotte den Heiland am Kreuz, nachdem sie sich mal wieder für einen armen Sünder stark gemacht hat. Und klagt wie einst Don Camillo: "Jetzt krieg' ich wieder keine Antwort. Typisch!" Die Nonne, streitbare Ordensschwester in der TV-Serie "Um Himmels Willen", gehört mit bis zu acht Millionen Zuschauern dienstags zu den Quotenbringern in der ARD.

Pfarrer und Nonnen als "Serienhelden" tummeln sich seit 1988 auf den deutschen Bildschirmen - mit Erfolg. Warum? Die Verantwortlichen der TV- Sender wissen sehr gut, warum sie solche Serien machen.

"Wenn Ärzte oder Pfarrer Alltagsprobleme lösen, ist die Glaubwürdigkeit besonders groß", meint ARD-Programmdirektor Günter Struve. In der ARD machte Robert Atzorn als evangelischer Pfarrer im Schwäbischen den Anfang in "Oh Gott, Herr Pfarrer". Im ZDF zog Thekla Carola Wied als Nonne und Gemeindehelferin durch Berlin - "Wie gut, daß es Maria gibt" -, und Günter Strack gab ein Jahr später den katholischen Priester "Mit Leib und Seele" in trostloser Provinz. Fortan konkurrierten die klerikalen Gutmenschen serienmäßig im Fernsehen in verschiedensten Variationen: vom Krimi bis zur Komödie, zusammen mit Kommissaren, Ärzten oder Anwälten.

Mit der Realität hat das meist aber nicht viel zu tun. Spannend und vergnüglich soll es sein, so ZDF-Hauptabteilungsleiter Claus Behling, und ein bißchen tröstlich. Denn: "Für Millionen von Menschen ist die Kirche ein wichtiges Thema. Und für viele spielt die Religion eine zunehmend wichtige Rolle, weil die Suche nach dem Sinn des Lebens in unserer problembeladenen Zeit wieder wichtig wird", erklärt Behling.

Die meisten der TV-Pfarrer sind katholisch. Das hat seinen Grund: "Emotional ist allein schon durch den Zölibat eine wunderbare Spannung von der Kirche vorgegeben. Die katholische Kirche hat ein strenges Regelwerk, das aber auch oft auf charmanteste Art umgangen wird", sagt ARD-Programmchef Struve. Und Behling resümiert: "Wenn einer alles darf, ist das doch langweilig." Priester oder Mönche (zum Beispiel "Bruder Esel" mit Dieter Pfaff) dürfen eben nicht alles, wollen aber viel. Behling prophezeit: "Pfarrer-Serien haben eine ergiebige Dramaturgie. Sie sind zeitlos. Es wird sie noch lange geben."

Das ZDF dreht in diesem Sommer eine neue Folge vom "Bergpfarrer" mit Wolfgang Fierek, in der ARD laufen zwei weitere "Pfarrer Braun"-Krimis mit Otfried Fischer, und "Schwester Lotte" Jutta Speidel wird nach der zur Zeit laufenden dritten Staffel noch eine vierte drehen. Dann hat sie genug und will aufhören. Die nächsten frommen Quotenbringer folgen bestimmt.