Der SPD-Spitzenkandidat erntet unter den Genossen erstaunlich wenig Beifall für seine Kritik an der Höhe des Bundeskanzlergehalts.

Berlin/Stuttgart. Die Debatte um die Kritik von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück an der zu geringen Bezahlung der deutschen Regierungschefs innerhalb seiner Partei reißt nicht ab. Kritik kam von den Bundestagsabgeordneten Carsten Sieling und Rüdiger Veit. „Um Geld zu verdienen, geht man nicht in die Politik, da muss man sich was anderes einfallen lassen“, sagte Veit der „Bild“-Zeitung (Montagausgabe). Sieling regte an, sich stärker darauf zu konzentrieren, dass „viele andere Berufe unterbezahlt sind“. Der frühere SPD-Chef Björn Engholm betonte: „Ich gehe davon aus, dass man vom Gehalt des Bundeskanzlers leben kann. Man darf die Einkünfte eines Kanzlers nicht mit den völlig überhöhten Bezügen mancher Vorstände vergleichen.“

Die Vize-Vorsitzende der Südwest-SPD, Leni Breymaier, warf Steinbrück mangelnde Sensibilität vor. Breymaier sagte am Montag in Stuttgart, in der Sache habe Steinbrück zwar recht. „Aber er hat kein Fingerspitzengefühl für den richtigen Zeitpunkt.“ Breymaier, die auch Verdi-Landeschefin ist, würde nach eigenen Worten lieber über das Thema Mindestlohn diskutieren als über Kanzlergehälter.

Auch Befürworter der Steinbrück-Kritik

Der Kritik Steinbrücks an den Gehältern schlossen sich dagegen die Abgeordneten Karl Lauterbach, Florian Pronold und Axel Schäfer an. Lauterbach sagte, Steinbrück habe vollkommen recht. „Es kann nicht sein, dass das reichste Land Europas seinem Regierungschef eines der geringsten Gehälter zahlt.“

Lauterbach bezeichnete in der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ die Debatte über Steinbrücks Äußerungen als Heuchelei, die dem Kandidaten aber nicht schaden werde. „Jeder weiß, dass die Kanzler verglichen mit den Top-Managern zu wenig verdienen“, sagte er.

Der Vorsitzende der NRW-Landesgruppe der SPD-Abgeordneten im Bundestag, Axel Schäfer, sagte der Zeitung: „Die sachliche Einschätzung Steinbrücks wird von allen in der Politik geteilt.“ Pronold meinte, wenn der Sparkassenpräsidente ein Vielfaches des Gehalts der Kanzlerin verdiene, sei das keine leistungsgerechte Bezahlung.

Der wegen hoher Vortragshonorare ohnehin in der Kritik stehende Ex-Bundesfinanzminister Steinbrück hatte in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ beklagt, Bundeskanzler verdienten gemessen an der Leistung und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weniger Verantwortung zu wenig. Das Monatsgehalt von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) beträgt 16.085,91 Euro. Hinzu kommt eine steuerfreie Aufwandsentschädigung von gut 1.000 Euro.

Parteienforscher: „Grauenvoll ungeschickt“

Parteienforscher Jürgen W. Falter nannte Steinbrücks Vorgehen „grauenvoll ungeschickt“. „Es wirkt, als wolle er mehr Geld haben und verhandele bereits im Vorfeld darüber“, sagte Falter der „Passauer Neuen Presse“.

Der Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, sagte dagegen der „Berliner Zeitung“ (Montagausgabe) laut Vorabbericht: „Ökonomische Markt-Wahrheiten sind ein schlechter Maßstab für politische Werte.“ Steinbrück habe jedoch damit Recht, dass „sogenannte Spitzenkräfte in der Wirtschaft eindeutig zu hoch bezahlt werden – bis hin zur Obszönität“.