Sind 16.684 Euro Monatsgehalt für das Amt des Bundeskanzlers zu wenig? Steinbrücks Vorstoß irritiert auch seine Parteifreunde.

Berlin. Schon wieder Kopfschütteln über Peer Steinbrück: Der SPD-Kanzlerkandidat klagt über ein zu geringes Kanzlergehalt und erntet damit selbst in der eigenen Partei Widerspruch. "Nahezu jeder Sparkassendirektor in Nordrhein-Westfalen verdient mehr als die Kanzlerin", sagte Steinbrück der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) bescheinigte er zugleich einen "Frauenbonus". Weibliche Wähler würden ihre Durchsetzungskraft anerkennen.

Auch in der SPD stießen die Äußerungen neun Monate vor der Bundestagswahl im Herbst 2013 auf Widerspruch. Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) findet "die Politiker in Deutschland angemessen bezahlt". Er habe davon immer leben können, sagte er der "Bild am Sonntag". "Und wem die Bezahlung als Politiker zu gering ist, der kann sich ja um einen anderen Beruf bemühen." Der Bundestagsabgeordnete Dieter Wiefelspütz sagte der FAS: "Wenn wir Politiker uns an den Gehältern in der Wirtschaft orientieren, dann machen wir einen Fehler." Sein Kollege Hans-Peter Bartels betonte, als Kanzler wirken zu können sei eine Ehre. "Man macht es nicht, um reich zu werden." Ähnlich äußerten sich der Haushaltspolitiker Carsten Schneider und Schleswig-Holsteins SPD-Chef Ralf Stegner. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sprang dem Spitzenkandidaten dagegen bei. "Peer Steinbrück hat etwas ausgesprochen, das schlicht stimmt. Die Aufregung darüber kann ich nicht nachvollziehen", sagte sie der "Bild"-Zeitung. Der hessische SPD-Generalsekretär Michael Roth sagte der "Welt": "Er hat schlicht - wie andere auch - darauf hingewiesen, dass die Maßstäbe der Dotierung von Leitungsfunktionen verloren gegangen sind."

Steinbrück, der wegen seiner hohen Nebeneinnahmen durch Vorträge in der Kritik steht, hatte erklärt: "Ein Bundeskanzler oder eine Bundeskanzlerin verdient in Deutschland zu wenig - gemessen an der Leistung, die sie oder er erbringen muss, und im Verhältnis zu anderen Tätigkeiten mit weit weniger Verantwortung und viel größerem Gehalt." Ähnlich hatte bereits Anfang November auch SPD-Parteichef Sigmar Gabriel argumentiert.

Der Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), sagte, das Kanzlergehalt sei zwar gemessen an der Verantwortung "sehr niedrig". Aber: "Beschwerden darüber hat man von der Bundeskanzlerin selbst bisher jedenfalls nicht gehört." Regierungssprecher Steffen Seibert sagte der "Bild"-Zeitung: "Es gibt ein in Jahrzehnten gewachsenes, ausgewogenes und auskömmliches Gehaltssystem im öffentlichen Dienst und in Staatsämtern auf allen föderalen Ebenen, das sich alles in allem bewährt hat."

Das Bundeskabinett hatte im Mai für sich die erste Gehaltsanhebung seit zwölf Jahren beschlossen. Die Kanzlerin erhält derzeit 16.684 Euro Gehalt und eine reduzierte Abgeordnetendiät von 3969 Euro zuzüglich 4045 Euro Aufwandsentschädigungen als Kanzlerin und Abgeordnete. Das Gehalt der Kanzlerin steigt zum Januar um 1,2 Prozent, auch ihre Abgeordnetendiät wird dann erhöht.

Lob erhielt Merkel vom Herausforderer Steinbrück: Sie habe sich "in einer Männerwelt durchgesetzt, wirkt sehr unprätentiös und tritt bescheiden auf". Auch bei SPD-Wählern komme das gut an. "Das heißt aber nicht, dass ich als der Gottseibeiuns wahrgenommen werde", so Steinbrück. Er werde nicht versuchen, sich grundsätzlich zu ändern oder in einem Kurs zu lernen, Beliebtheitspunkte zu sammeln.

Grünen-Chefin Claudia Roth sagte der "Süddeutschen Zeitung" zum angeblichen "Frauenbonus" bei Kanzlerin Merkel: "Von einem Frauenbonus in der Politik habe ich übrigens noch nichts bemerkt. Im Gegenteil. Und ich bin auch schon ein paar Jahre dabei."

Steinbrück droht derweil Ungemach von einer ungewöhnlichen Koalition: Linke und FDP wollen einen umstrittenen Beratungsauftrag des Bundesfinanzministeriums unter seinem damaligen Chef Steinbrück überprüfen lassen. Die Vizechefin der Linksfraktion im Bundestag, Sahra Wagenknecht, fordert einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Erarbeitung von Finanzmarkt-Gesetzen durch eine Anwaltskanzlei. Steinbrück hatte für die Kanzlei später - nach seiner Zeit als Minister - einen mit 15.000 Euro honorierten Vortrag gehalten.