Die CDU-Kanzlerin regiert seit heute bereits einen Tag länger als ihr SPD-Vorgänger Schröder. Mit Helmut Schmidt hat Angela Merkel die Amtszeit eines weiteren Genossen im Visier.

Berlin. Die magische Zahl ist 2584. So viele Tage ist Angela Merkel am 18. Dezember Bundeskanzlerin - und damit einen Tag länger im Amt als ihr Vorgänger Gerhard Schröder. Die CDU-Vorsitzende hat dann jenen Mann übertroffen, der an einem Wahlabend im September 2005 noch seltsam heiter meinte, man solle die Kirche im Dorf lassen und nicht glauben, dass seine SPD eine Koalition unter einer Kanzlerin Merkel eingehen würde. Die SPD schloss bekanntermaßen dann doch ein Bündnis mit der CDU unter Merkel. Sie sackte bei der Wahl vier Jahre später auf 23 Prozent zusammen - und auf die Oppositionsbank. CSU-Chef Horst Seehofer sagte einmal, wer die aus der DDR stammende Pfarrerstochter unterschätze, habe schon verloren.

Noch 478 Tage, und Merkel würde auch Altkanzler Helmut Schmidt (SPD) überrunden. Dann würde es aber noch rund sechs beziehungsweise acht Jahre dauern, bis sie auch die CDU-Altkanzler Konrad Adenauer und Helmut Kohl eingeholt hätte. Bei den Wahlergebnissen zum CDU-Vorsitz ist ihr das mit einem annähernd 100-Prozent-Ergebnis bereits gelungen. Merkels Nahziel ist aber erst einmal, nach der Bundestagswahl im Herbst 2013 die dritte Kanzlerschaft anzutreten. Weil sie keine absolute Mehrheit erreichen dürfte, braucht sie wieder einen Partner. Fällt die FDP aus, richteten sich die Augen trotz aller Unterschiede auf die Grünen, heißt es in der CDU. Nicht, weil sie die lieber möge als die SPD. Sondern, weil die SPD nach ihrer traumatischen Erfahrung einen Bogen um Merkel machen wolle.

Ihr Privatleben schottet Merkel ab. Die Bevölkerung weiß wenig bis nichts über ihre Vorlieben und Gefühle. Sie ist 58 Jahre alt, in zweiter Ehe mit dem Chemieprofessor Joachim Sauer verheiratet und kinderlos. Sie trinkt ihren Kaffee schwarz, treibt keinen Sport und hat Respekt vor Hunden, weil sie als Kind gebissen wurde. Sollte sie je einen freien Nachmittag haben, würde sie vielleicht einen Pflaumenkuchen backen. An einem freien Abend kann man Merkel schon mal in der Oper antreffen. Die Wagner-Festspiele in Bayreuth sind ein fester Termin in ihrem Kalender.

Vor allem in diesen Monaten der Euro-Rettung beschreiben Medien sie als kalt, eisern, leidenschaftslos für Europa. Griechen hassen sie, Franzosen misstrauen ihr und sogar Portugiesen beschimpfen sie als Nazi. Eigentlich gibt es nur Schwarz oder Weiß: Merkel, Retterin des Euro. Oder Merkel, Zerstörerin der europäischen Idee.

Bei aller Nüchternheit, die der Kanzlerin nachgesagt wird, darf man aber annehmen, dass sie den Wind und das Wasser liebt. Das ist ein Stück Heimat. Geboren in Hamburg, aufgewachsen am Templiner See im Norden Brandenburgs, gewählt im Wahlkreis Stralsund-Nordvorpommern-Rügen. Je höher die Wellen schlagen, desto besser - das gelte für die Kanzlerin zumindest in der Politik, sagen Christdemokraten.

Nach dem ZDF-"Politbarometer" vom vorigen Freitag kommen CDU/CSU in der Wählergunst derzeit auf 40 Prozent. Und mit 54 Prozent liegt Merkel im Vergleich, wen die Bundesbürger lieber als Kanzler hätten, weit vor ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück (36 Prozent). Das US-Magazin "Forbes" kürte Merkel jüngst zum zweitmächtigsten Menschen der Welt - direkt hinter US-Präsident Barack Obama.